Adventzeit, Vorbereitungszeit, „Ankunft“. Um diese Phase auch zelebrieren zu können, bedarf es eines Adventkranzes. Weil der nicht von alleine ankommt, müssen wir ihn erst binden, was wir jedes Jahr aufs Neue tun. Natürlich nicht zu Hause, sondern in einem Pfarrsaal. Ich muss ja zugeben, dass ich mit der Kirche wenig am Hut habe. Da meine Ex-Schwiegermutter kirchlich engagiert ist und diese Bindeaktion organisiert, schmarotzen wir dort jedesmal mit. Der Saal ist gefüllt mit Reisigbünden und es wird Punsch gekocht und ein Buffet bereitet. Alles in allem sehr gemütlich. Jeder bringt etwas mit. Wir natürlich auch. Schließlich kommen wir mit einer ganzen Sippe Kirchenausgetretenen an. Da kann man kaum um Almosen betteln!
Dieses Jahr müssen wir besonders viele Kränze binden. Nicht nur für uns, sondern auch für meinen Freund, der nicht bei uns wohnt, für dessen Mutter, weil wir den Auftrag dazu haben und für die Schulen beider Kinder, weil die Oma den Mund zu weit aufgemacht hat. Dabei bin ich ganz schlecht im Binden, mache es komplett falsch. Weil ich immer befürchte, der Kranz werde zu wenig buschig, binde ich viel zu dicht viel zu große Zweige aneinander. Ein Draht wird dabei immer im Kreis gewickelt bis die Runde komplett ist und danach in einem zweiten Durchgang das wegstehende Reisig niedergebunden. Der Clue dabei ist die Gleichmäßigkeit. Und dass der Draht dann halt noch durch das dünne Nadelöhr in der Mitte passt. Dort, wo der Anfang mit dem Ende zusammenkommt, stopfe ich immer vielzuviel hinein, sodass unwillkürlich ein Buckel entsteht, was nicht besonders ästhetisch aussieht. Früher habe ich dann immer geraunzt und mein Exmann, durchunddurch Monk, hat sich mit dem Problem befasst. Diesmal auch. Jedoch habe ich die Kinder vorgeschickt. Um für mich zu raunzen, versteht sich! Wie in alten Zeiten kommt er seiner Aufgabe nach. So etwas finde ich immer etwas gruselig. Als wäre man in die Vergangenheit zurückgebeamt worden. Wir waren einfach zu lange zusammen, um uns völlig von eingespielten Verhaltensmustern lösen zu können…
Mein siebenjähriger Personal-Assistent reicht mir anfangs noch bereitwillig die Zweigerl, nachdem ich ihm den Umgang mit der Heckenschere untersagt habe. Trotzdem greift er immer wieder dorthin und setzt dazu an, dem Wald einen Kahlschlag zu verpassen. Er schneidet mit zuviel Temperament, ohne Rücksicht auf Verluste –von Material und Fingern! „Pass auf das Glas auf!“ sage ich wiederholt, da es keinen Tisch gibt und dieses unter meinem Sessel steht.Der Nachschub an Grün setzt immer wieder aus und ich weiß, dass ich wohl bald auf meine Assistenz verzichten werden muss. Ich muss, als der Punsch fliegt! Jetzt pickt das Reisig, das dort liegt und ich muss neu schneiden.Nach drei Ewigkeiten liegen auf meinem Platz ebensoviele Kränze. Daneben die meiner Tochter. Alle Leute bewundern, wie dicht ich sie gebunden habe. Da bin ich stolz auf meine Wagenräder. Nicht auf meine Hände! Das sind richtige Arbeiterhände, harzig schwarz, dreckgeränderte Fingernägel, Schwielen und Blasen. Beim Waschen geht das nicht so leicht ab. Man muss schon richtig schrubben. Den Trick mit der Butter erfahre ich erst viel zu spät und habe ich bestimmt wieder bis zum nächsten Jahr vergessen!Was ich neben dem gemeinsamen Arbeiten und der Ersparnis besonders toll finde, ist dass mir der Kranz dann auch gleich fertig gestellt wird. Ich brauche nur Kerzen zu besorgen, die werden mir dort gleich auf Nägel gespießt. Die Ex-Schwiemu ist eine Bastlerin und hat stets eine ganze Kiste mit Sammelsurium dabei, aus der ich wählen kann. Von den Bändern bis zur Garnitur. Und praktischerweise steht eine Klebepistole bereit. Sie zum Glück auch! Ich hasse basteln! Es gibt Menschen, die ein Händchen dafür haben, was wozu passt und wie was zu drehen und zu zwirbeln ist, dass es gut aussieht. Die machen das gerne und ich sage, jedem das seine! Immer, wenn meine Kinder etwas basteln wollen, bin ich halbherzig dabei. Das ganze Geschnippel, der Mist, die Klebstoffreste nerven mich. Und das Ergebnis sieht ebenfalls immer halbherzig aus. Wie etwas Selbstgebasteltes halt! Dann suche ich einmal gedanklich einen Platz dafür, wo ich die nett aussehenden Unnötigkeiten unterbringe. Das Kinderzimmer ist schon zutapeziert! Irgendwann klappen diese Papierdinger dann zusammen, fallen in eine Flüssigkeit oder einen Blumentopf und sehen dann so fürchterlich aus, dass sie LEIDER nicht mehr zu retten sind.Wahrscheinlich spürt die Heißklebepistole meine Energien und geht daraufhin prompt ein. So eine Scheiße. LEIDER kann jetzt die Ex-Schwiemu NICHT in ihrer gekonnten Art und Weise pffft pffft pffft machen und alles klebt und sitzt. Ade Adventkranz to go! Heuer muss ich selbst ran. Wenigstens die Maschen bindet sie mir zurecht. Sie kennt mich halt und weiß, dass ich damit sonst einen Abend lang beschäftigt bin. Nächsten Tag muss ich mir widerwillig eine Heißklebepistole kaufen, weil das Befestigungsschema mit Draht gar nicht funktionieren will. Zuerst einmal muss ich recherchieren, wo es so etwas überhaupt gibt und stehe schließlich erstaunt bei Libro. Unfassbar, dass ein elektrisches Teil mit Stecker und allem drum und dran inklusive zwei Patronen nur vier Euro fünfzig kostet. Wer verdient da noch etwas? Sicher nicht die Kinder in Taiwan…
Endlich wage ich mich auf fremdes Terrain. Das Projekt Adventkranz gelingt dank Plastikkleber. Ich klebe sogar die Maschen direkt aufs Reisig und fühle mich toll. Überlegen drücke ich den Abzug. Pffft pffft pffft! Ein Zimtstangerl – pffft! Ein Pufferl – pffft! Und drangetackert. Ammoklauf mit der Klebepistole! In Kürze ist die Bastelkiste ausgerottet. Wer die Klebepistole hat, hat die Macht! Irgendwann ist das Plastik ausgekühlt und ebenso mein Enthusiasmus, dem das Schlachtfeld auf dem Boden gar nicht gefällt. Pfffff –t!
Da wird wohl heuer wer eine Klebepistole vom Christkind bekommen….