Warum Kunst und somit Kultur zerstört werden (müssen)

Ikonoklasmus nennt man die Zerstörung von Kunst. Der Ikonoklasmus ist so alt wie die Menschheit, vielleicht älter: Selbst auf Zeichnungen aus der Steinzeit sind menschliche Zerstörungen auszumachen. Daraus darf man schließen, dass es vor 40.000 Jahren, als die ersten Zeichnungen entstanden sind, es zumindest Anfänge der Religion gegeben hat.

Verdammt und vernichtet: Kulturzerstörungen vom Alten Orient bis zur Gegenwart

von Hermann Parzinger

C.H.Beck März 2021

30 € 368 Seiten

ISBN-13 : 978-3406764844

Die Bibliothek von Alexandria wird wahrscheinlich bei der arabischen Eroberung im Jahre 642 verbrannt. Die „damnatio memoriae“ = „Verdammung des Andenkens“ reicht vom Anfang der Menschheit bis zur Gegenwart (bis zum IS).

Die Grabeskirche in Jerusalem wurde auf einem Tempel der Aphrodite erbaut, also auf einem Bordell. Die Kirche von Gaza wurde im 5. Jahrhundert aus wirtschaftlichen (Pilger) und nicht aus religiösen Gründen errichtet.

Bis zum Anfang des 7. Jahrhunderts existieren in Rom Heidentum und Christentum nebeneinander. Erst im Jahre 609 wird das Pantheon christlich.

Anfänglich (6. - 7. Jahrhundert) sind Abbildungen des christlichen Gottes (im Oströmischen Reich) wie im Judentum verboten. Später wird die christliche Anbetung der Bilder gestattet mit der Begründung, dass nicht das Bild, sondern der auf dem Bild dargestellte Gott angebetet wird. Jahrhunderte später wird in Europa ein Kampf darüber zwischen Katholiken und Protestanten ausbrechen, wobei es neben der Religion, vor allem um geldwerte Einnahmen geht. Beim christlichen Bilderstreit (Ikonoklasmus) im Osten wie im Westen Europas geht es primär nicht um die christliche Religion, sondern um Geld. Nicht nur Kirchen, auch Synagogen werden von frommen Christen ausgeraubt.

Der florentinische Mönch Savonarola argumentiert das Rauben und das Zerstören von Kunst wie ein heutiger Islamist oder Taliban: Die Kunst werde vom Adel und vom reichen Bürgertum ideologisch verwertet und müsse deshalb vernichtet werden = Ikonoklasmus.

Bevor Napoleon in Wien einmarschiert, werden dort alle Kunstwerke erfolgreich versteckt. Im Gegensatz zu Berlin hat Wien bis heute viel Kunst vorzuweisen.

Kunstzerstörung ist allgemein und weltweit menschlich.

Der chinesische Boxeraufstand im Jahre 1900 wird von den unterdrückten Chinesen als Faustkämpfe der Verbände für Gerechtigkeit und Harmonie angesehen. Die Chinesen verliern den Kampf. Die Folgen des Boxeraufstandes sind bis heute für Europäer spürbar.

Zu Beginn des 1. Weltkrieges marschiert das kaiserliche deutsche Heer in Löwen (Belgien) ein, zerstört die Stadt und tötet (eigentlich mordet) viele Bürger, obwohl sich die Bevölkerung von Anfang an ergeben hat. Die "Illustrator War News" aus London titelt hellseherisch: Der Holocaust von Löwen (02.09.1914).

Die Kronjuwelen bleiben in Russland (Sowjetunion), weil niemand sie bezahlen kann, vor allem wegen des Börsenkrachs von 1929. Die Sowjets versilbern die russischen Schätze, da sie fest damit rechnen, dass nach der Weltrevolution die geraubten Kunstwerke nach Russland zurückkehren. Museen trifft der sozialistische Hass. Museen sind für wahre Kommunisten die Friedhöfe der Kunst.

Vorgehen des IS: Zuerst Palmyra, dann Rom! Der Goldmünzen-Diebstahl in Berlin entspricht dem Vorgehen des IS: Das Gold wird eingeschmolzen, um anschließend damit Waffen zu bezahlen. Es wundert nicht, dass die Beute bis heute verschwunden ist. Den Kampf gegen den IS wird die deutsche Polizei niemals gewinnen. Selbst wenn sie es will.

Die Logik des Ikonoklasmus des IS gleicht dem der Nazis. Es geht letztendlich um die physische Vernichtung der Feinde. Bei beiden sind es zunächst die Juden und anschließend die Christen. Das Beuterecht gilt sowohl im Christentum wie im Islam.

Freiheit der Kunst = Meinungsfreiheit! Deshalb werden in den USA Büsten des Columbus zerstört!

Das Buch lässt sich wegen seines bewegenden Inhalts nur schwer lesen. Trotzdem!

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

philip.blake

philip.blake bewertete diesen Eintrag 29.05.2021 20:08:16

Noch keine Kommentare

Mehr von Charley