Was wäre, wenn die Europäer nicht die beiden Amerikas, sondern die süd- und nordamerikanischen Ureinwohner Europa entdeckt und erobert hätten? Würde die Welt heute besser, reicher, demokratischer und sicherer sein? Vieles spricht dafür! Der 30-jähriger Religionskrieg wäre wohl ausgefallen und in der Folge auch die beiden Weltkriege. Wir wissen es nicht, aber es sei erlaubt, darüber nachzudenken.
Der Franzose Laurant Binet hat nachgedacht und ein derart spannendes Buch geschrieben, dass man – trotz der beinahe 400 Seiten – das Buch nicht aus der Hand legen will.
Eroberung
von Laurent Binet
Rowohlt Buchverlag November 2020
ISBN-13 : 978-3498001865
384 Seiten 42 €
Am Anfang der Geschichte steht Grönland; mehr will ich nicht verraten. Grönland ist nicht grün! Der Name wird von den Isländern ausgedacht, um Siedler anzulocken.
Jahrhunderte später: Columbus entdeckt Amerika und ist scharf auf Gold. Er findet keines und segelt deshalb weiter. Später stirbt er auf Kuba. Er scheitert. Er beweint sein Schicksal, da er sich nicht über die Indios erheben kann: Er schickt kein Gold nach Spanien, er verfügt über keine Sklaven und das Christentum setzt sich in Amerika nicht durch.
Religionen:
Bald darauf landen die ersten Amerikaner in Europa. Ein Spruch der Indianer in der neuen Welt Europa/Orient lautet: Wievielt Unfug gaukeln Hochstapler den kleinen Leuten vor!? Köstlich ist die Erklärung der Dreieinigkeit, die die Eroberer von den Orientalen erhalten. Ich verrate hier nichts, außer, dass die Antwort auf S. 155 zu lesen ist.
„Allah ist groß“ bedeutet nicht, dass andere Götter nicht genauso groß oder gar größer als Allah sind. Das Dekret von 1492 (Vertreibung der Juden aus Spanien) wird von den Herrschern aus Amerika außer Kraft gesetzt. Der christliche Sohn Gottes heißt „Der angenagelte Gott“.
Luther wird äußerst realistisch als seniler Judenhasser dargestellt.
Theologische Fragen werden tief diskutiert: Warum ist der Heilige Geist Teil der Dreieinigkeit und nicht Maria? Sie ist schließlich die Mutter Gottes. Der wichtigste Sonnengott Inti hat nämlich einen bedeutenden Gott zum Vater!
Das wahre Jerusalem ist Cusco!
Beim Lesen tauchen einige Worte auf Quechua auf, deren Bedeutung im Internets nachgeschlagen werden kann. Dieses Buch bildet!!!
Die Stadt Nürnberg wird erwähnt. Sie ist prächtig. Ganz im Gegensatz zur Tristesse der Umgebung.