Ein schriftliches Zeugnis eines bedeutenden römischen Kaisers hat sich in die heutige Zeit herübergerettet. Es besagt, dass es im Jahre 321 der christlichen Zeitrechnung Juden in Köln leben. Somit erlangt Köln eine Position, die eigentlich der Stadt Trier gehört, denn dort hat man jüdische religiöse Utensilien gefunden, die ins 2. Jahrhundert nach christlicher Zeitrechnung reichen. Doch die ersten Juden, die Germanien betreten haben, sind Händler, die mit Caesar im Jahre 55 v. der heutigen Zeitrechnung nach Germanien eingedrungen sind.

Wie dem auch sei – das zu besprechende Buch geht davon aus, das es erst seit 1700 Jahren Juden im des heutigen Deutschlands gibt. Neben einer 80-¢-Briefmarke wird ein dicker Wälzer herausgegebenen, welcher beinahe minutiös beschreibt, wie es Juden in Deutschland seit dem Jahre 321 bis heute ergangen ist. Nachträglich ist zu erwähnen, dass es unter den heutigen Archäologen in Köln zu Unstimmigkeiten kommt bezüglich des Zeitpunktes der ersten Judenerwähnung. Zunächst setzen sich diejenigen Archäologen durch, die den Juden von Köln 1.000 Jahre abziehen. Selbst wichtige Juden folgen zunächst dieser Meinung. Heute steht fest: Es hat Juden in Köln gegeben, als die Stadt noch gar nicht „Köln“ heißt. Selbst Deutschland hat damals einen anderen Namen.

Wir sind da! 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland

von Uwe von Seltmann

homunculus verlag März 2021

ISBN-13 : 978-3946120810

344 Seiten 29 €

Es folgt eine kleine Zusammenstellung, die dem Autor wichtig erscheint:

Karl der Große war ein Philosemit: Er war gegen den Judenhass der katholischen Kirche.

Im 13. Jahrhundert gibt es in Düren, Zülpich und Nideggen bereits Juden.

In Franken (heute Teil Bayerns) ziert seit dem 15. Jahrhundert ein sechs-zackiger Stern manche Brauereien. Dieser Stern kann leicht mit dem sechszackigen jüdischen Davidstern verwechselt werden. Wer von wem die Idee geklaut hat, steht bis heute nicht fest.

In Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb leben bis Ende des 19. Jahrhunderts mehr Juden als Christen. Muslime sind damals eine Seltenheit. Alle Bewohner (Juden und Christen) sprechen „Lekaudisch“ (Heilige Sprache), ein besonderes Jiddisch.

Anfang des 19. Jahrhunderts wird Louis Lewandowski in Polen geboren. Später wird er als Deutscher betrachtet, noch später als Jude.

In Föhrenwald in Bayern lebten nach dem Krieg 17.000 jüdische Displaced Persons, die die Schoa überlebt hatten. Somit war Föhrenwald einst die jüdischeste Stadt Deutschlands.

Das Foto auf Seite 84 zeigt einen der wortmächtigsten jüdischen Intellektuellen Deutschlands: Micha Brumlik. Nebbich. Lange möge er leben!

Die deutschen Juden sprachen „taytsch“, welches später zum Jiddischen wurde, das lediglich in Osteuropa (Polen) gesprochen wurde, da die deutschen Juden beschlossen, Hochdeutsch zu sprechen. In Westeuropa setzte sich die Aufklärung durch, in Osteuropa der Chassidismus. So verlieren die Aschkenasim (europäische Juden) die gemeinsame Sprache. Erst 1988 kommt Jiddisch mit den „Chabadnikim“ über die USA zurück nach Deutschland.

Was wäre, wenn der Jude Jesus 1938 gelebt hätte? Ein Foto zeigt eine gestreifte KZ-Hose mit entsprechendem Hemd und gelben Judenstern an einem Kreuz genagelt.

Christa Wolf: Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen.

45% der Deutschen glauben, dass der Nationalsozialismus sich wiederholen kann. Somit bleibt die Frage, für wen dieses Buch geschrieben ist: für Juden oder Nazis? Vergangenheits- oder Gegenwartsbewältigung?

Es soll einen jüdischen Minnesänger gegeben haben: Süskind, der Jude von Trimperg. Friedrich Torberg schreibt darüber ein Buch. Marcel Reich-Ranicki meint: Das Buch liest sich wie ein Auftragswerk der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, geschrieben zur Feierlichkeit der alljährlichen Woche der Brüderlichkeit.

Isaac B. Singer: Assimilierte Juden verlieren ihre Wurzeln.

Außer dem Antisemitismus gab es wenig, was die Juden Europas zusammenhielt.

Auf Seite 61 links letzter Absatz hat sich ein Fehler eingeschlichen:

„Goj“, heute Nichtjude, ist ein biblisches Wort, welches „Volk“ bedeutet. Auch das jüdische Volk. Beispiel „Abraham goy gadol“.

Am Ersten Weltkrieg nahmen 600.000 Juden an verschiedenen Fronten teil. Juden erschossen Juden, mindestens 100.000 fielen.

Franz Kafka: Juden und Deutsche haben vieles gemeinsam. Sie sind strebsam, tüchtig, fleißig und gründlich verhasst bei den anderen.

Jean-Paul Sartre: Der Jude ist ein Mensch, den die anderen Menschen für einen Juden halten.

Sind Juden katholisch oder evangelisch?

Juden sind ultraorthodox, modern-orthodox, konservativ, traditionell, reform, liberal und areligiös mit unzähligen Nuancen.

An „Jom Kippur“ (Versöhnungsfest) wird G`tt angefleht, alle Gelübde und Schwüre zu vergessen. Falsch! G`tt wird angefleht, vergessene Gelübde und Schwüre zu verzeihen.

Der Anschlag auf die Synagoge von Halle:

Nicht die schwere Holztür hat die Juden gerettet, sondern G´tt.

Der Bombenangriff der Allierten auf Dresden am 13. Februar 1945, der 250.000 Dresdener das leben kostet, verhindert die Abfahrt des Zuges mit den letzten Dresdner Juden, die zur Vernichtung transportiert werden sollen.

Hannah Arendt: Wenn man als Jude angegriffen ist, muss man sich als Jude verteidigen.

Moses Mendelssohn zugeschrieben: Sei ein Jude zu Hause und ein Deutscher auf der Straße.

Die zwei größten Katastrophen der jüdischen Geschichte fanden in den Jahren 70 und 1933 statt.

Christliche Judenfeindschaft gibt es in Deutschland bis heute – trotz anderweitigen Behauptungen.

Kommunismus und Kapitalismus sind beide jüdisch.

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