Die Natur als Vorbild für die Technik- Bionik

Schon seit jeher zeigt die Natur dem Menschen wo es langgeht, was möglich und machbar ist, zeigt Grenzen auf, regiert das Leben. Sämtliche Lebewesen des blauen Planeten richten sich nach ihr und gehorchen mehr oder weniger demütig ihrer Gesetze.

Versuchen die Natur zu verstehen, sie zu beobachten, von ihr zu lernen und bestimmte Effekte nachzuahmen, das war schon für einen gewissen Leonardo da Vinci, der seiner Zeit weit voraus war, eine Faszination, die er beispielslos und mit unnachahmlicher Hingabe folgte. Der Maler, Bildhauer, Architekt, Anatom, Mechaniker, Ingenieur und Naturphilosoph wollte sein umfangreiches Wissen über die Kräfte der Natur nicht für sich behalten und die Grenzen der damaligen Zeit, in Form eines selbst skizzierten Fluggerätes, deren Vorbild zweifelsohne der Vogelflug war, ausloten und in die Praxis umsetzen. Und so geschah es, dass Anfang des 16. Jahrhunderts sein Segelflugartiges Konstrukt erstmals versuchte, der Schwerkraft zu trotzen, was damals für seinen Assistenten, kräftig und mit etlichen Knochenbrüchen in die Hose ging und da Vinci abermals seinen Meister in den Naturgesetzen finden konnte.

Unbewusst hatte der Universalgelehrte Künstler jedoch ein neues Kapitel der Wissenschaft aufgeschlagen: Die Bionik. Ein Begriff, der aus den Worten Biologie und Technik abgeleitet ist und sich erst 1960 als neue Wortmarke und Disziplin der Wissenschaft etabliert hat. Seither betrachten die Forscher die Entwicklung neuer Techniken aus einem anderen Blickwinkel, nämlich aus dem der Natur.

Herausragende Beispiele für die Anwendung der Bionik, fanden sich allerdings schon zuvor, als beispielsweise der Schweizer Ingenieur Georges de Mestral, rein zufällig den Klettverschluss erfand. Dieser ging damals mit seinem Hund spazieren, als der mit seinem Fell an der „großen Klette“, einer Pflanzengattung aus der Familie der Korbblütler, streifte und dessen Früchte an den Haaren des Hundes hängengeblieben sind. Als Mestral dem Geheimnis der Klette näher nachging, entdeckte er die kleinen und elastischen Häkchen der Pflanze. Mit der Idee, diese Erkenntnis in Materialien umzuwandeln, die auf schnelle, einfache Art und Weise miteinander verbunden werden können, meldete er seine neue, sehr erfolgreiche Erfindung, im Jahr 1951 zum Patent an.

Ein faszinierendes Beispiel, die Techniken der Natur für den Menschen nutzbar zu machen, gelang den Forschern nicht zuletzt erst dank der Nanotechnologie, die im Bereich des Mikrokosmos ihre Grundlage findet, in der Erforschung der Lotusblüte. Diese Pflanze hat stark wasserabweisende Eigenschaften, jeder Wassertropfen perlt kugelförmig ab, nimmt Schmutzpartikel mit und hält die Blätter trocken. So gelang es den Wissenschaftlern Materialen zu entwickeln, die in ihrer Beschaffenheit der Oberflächenstruktur ebensolche herausragenden Vorzüge aufweisen. Anwendungen findet der sich selbst reinigende, sogenannte „Lotuseffekt“ in Fassadenanstrichen, Markisen, Honiglöffel, Kleidung, Schwimmanzüge, Segel, Brillen, Autolackierungen, usw.

Durch das Studieren diverser Greifvögel im Flug, konnten Bioniker schon einiges für sich mitnehmen und vermochten auf diese Weise, durch die Entwicklung nach oben gebogener Tragflächenenden bei Flugzeugen, der sogenannten „Winglets“ den Treibstoffverbrauch und somit den Energieaufwand zu reduzieren. Das Geheimnis der gebogenen Tragflächenenden liegt in der drastischen Verringerung der Luftwirbel. Aber auch an der perfekten Stromlinienform für das ganze Flugzeug selbst wird getüftelt. Vorbild hierfür sind Pinguine, die zwar keine Meister der Lüfte, dafür aber ausgezeichnete Taucher sind und scheinbar mühelos durch die Meere gleiten.

Es existieren aber auch Tiere die selbst Materialien herstellen, von dessen Eigenschaften die Menschen bislang nur träumen konnten: Die Spinnen. Das Netz, das diese Konstruktionsmeister erschaffen, wird aus Spinnenseide gewonnen und über Spinnwarzen, bzw. Spinnspulen der achtbeinigen Krabbeltiere ausgeschieden. Die Besonderheiten an der Spinnenseide liegen vor allem in drei Extremen: Extrem leicht, extrem stabil und extrem dehnbar. Einen Faden mit identischen Fähigkeiten industriell herzustellen ist keineswegs mehr science fiction und in der Entwicklung schon sehr weit fortgeschritten. Anwendungsmöglichkeiten finden sich vor allem am Textilsektor, wo die neuen Super-Stoffe ihre potentielle Stärke ausspielen könnten.

Beispiele für das Kopieren naturbegründeter Phänomene gibt es noch einige. Zweifellos ist die Wissenschaft und Forschung der Bionik ein faszinierendes und sehr bereicherndes Gebiet, in dem enormes Potential steckt. Jahrmillionen hat die Natur für ihre evolutionäre, einzigartige Perfektion gebraucht. Bei allen Lobes für die Bionik greifen Forscher jedoch auch auf diesem Sektor zu unfairen Mitteln, der Gentechnik zum Beispiel. Unfair vor allem der Natur gegenüber, in der alles Wissen in diesem Bereich entspringt. Denn die Natur lässt sich zwar in manchen Bereichen nachahmen, aber niemals ersetzen!chilis77

Blogbild: „LotusEffekt1“. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:LotusEffekt1.jpg#mediaviewer/File:LotusEffekt1.jpg

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