Bundeskanzler Werner Faymann ist beim jüngsten EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise als Tiger gesprungen, hat aber erwartungsgemäß als Bettvorleger geendet. Denn seine Drohung, dass jene Länder im Osten Europas, die nicht an der „gerechten“ (Faymann) Ansiedlung von zehntausenden meist muslimischen Migranten aus Afghanistan, Pakistan, dem Irak, Syrien und Afrika auf ihren jeweiligen Territorium interessiert sind, künftig weniger Geld aus den Kassen der Europäischen Union bekommen würden, ist bei Lichte betrachtet ein lautes Gebell ohne jeden Biss.
Wenn 2016 die Überprüfung des EU-Budgets anstehe, dröhnte der SPÖ-Vorsitzende nassforsch, "werden wir uns ganz genau ansehen, welche Länder sich in der Flüchtlingsfrage besonders unsolidarisch verhalten“. Und denen, so seine unverhohlene Drohung, soll dann eben der Geldhahn zugedreht werden.Nun mag es vielleicht im Milieu Werner Faymanns üblich sein, dass Politiker über Steuergeld nach Belieben und Laune verfügen, in der Europäischen Union geht das nicht so leicht wie im Wiener Polit-Sumpf.
Wenn nämlich 2016 die Budgets der EU überprüft werden und Herr Faymann dabei fordern würde, beispielsweise die regionale Strukturförderung, von der vor allem die migrationskritischen östlichen EU-Mitglieder profitieren, zu kürzen, so wäre dazu ein einstimmiger Beschluß des „Europäischen Rates“ notwendig. Sprich: Polen, Ungarn oder die Tschechen müssten ihrer eigenen Bestrafung zustimmen.
Was Herrn Faymann dazu bringt, das für eine ernsthafte Option zu halten, werden wir wohl leider nie erfahren. Kurzfristig ist ein Streichen von Zuwendungen aus den EU-Kassen überhaupt unmöglich: denn bis dahin haben die Empfängerländer einen Rechtsanspruch auf die vereinbarten Zahlungen.
Aber vermutlich ist dem Herrn Bundeskanzler auch völlig wurscht, ob seine Drohungen Substanz haben oder bloß halbstark daherkommen. Hauptsache, in der intellektuell anspruchslosen Öffentlichkeit und am Fernsehschirm entsteht der Eindruck, Herr Faymann hätte das Gesetz des Handelns an sich gerissen - auch wenn er in der wirklichen Welt reichlich lendenlahm da steht.
Damit bleibt ihm wenigstens erspart, eine ganz einfache Frage zu beantworten. Denn selbst wenn seine Drohung dazu führte, dass die Osteuropäer vor ihm kapitulieren und einer „gerechten Verteilung“ der Flüchtlinge akzeptierten - wie bringt man dann bitte Migranten, die unbedingt nach Frankfurt, Berlin oder Wien wollen, dazu, sich in Bukarest, Debrecen oder Breslau niederzulassen? Die werden sich nämlich buchstäblich mit Händen und Füssen dagegen wehren, und was dann? Deportationszüge? Bewachte Lager im Osten? Einsatz von Gewalt gegen jene, die trotzdem von dort nach Deutschland gehen wollen?
Eine ganz einfache Frage, die leider bis heute nicht beantwortet worden ist von jenen, die von einer „gerechten Verteilung“ schwadronieren.
Shutterstock/dropoflight