Europa hat, anders als der Rest dieses Planeten, das letzte halbe Jahrhundert in einer Art Traumwelt verbracht. Aus der wacht es nun langsam auf, und erlebt das Morgen-Grauen, ein bekanntlich wenig erfreulicher Moment. In dieser nun zu Ende gehenden Traumwelt gibt es keine nennenswerte Landesverteidigung, sondern nur mehr Katastrophenschutz. Kommt die Polizei im Ernstfall als nettes „Konfliktmanagement“ daher, sollen Schüler nicht mehr mit Noten traumatisiert werden und Kriminelle, die ja vor allem als Opfer ihrer traurigen Kindheit verstanden werden, nicht mehr bestraft, sondern eingegliedert werden. Es ist eine Traumwelt, in der Kindererziehung als barbarische Grausamkeit gilt und Helikoptereltern die Nachkommen vor den Zumutungen des Lebens abschotten, so gut sie können. Eine Welt ohne Religionskonflikte, in der einander esoterische Spinner aller Art friedlich die Hand reichen und gemeinsam den Baum umarmen.
Und es ist eine Traumwelt, in der das Opfer allerhöchstes gesellschaftliches Ansehen genießt, und daher fast jeder in irgendeinem Zusammenhang Opferstatus für sich in Anspruch nimmt – als Junger, dem die Alten die Zukunftschance rauben, als Alter, den die Jungen auf Renten-Schmalkost setzen, als Zugewanderter, der sich nicht ausreichend Willkommen fühlt, als Hiesiger, der sich zu zugewandert fühlt, als Frau sowieso, als weißer alter Mann, den alle denunzieren, als was auch immer – noch nie war eine Gesellschaft so prall gefüllt mit Opfern wie diese Traumwelt.
Den Starken, den Nicht-Opfern hingegen kommt in dieser Traumwelt ein Generalverdacht entgegen: stark genug zu sein, um allein und ohne Hilfe der Gemeinschaft überleben zu können, womöglich noch gut überleben zu können, das löst in dieser Traumwelt Misstrauen aus. Den Schwachen gehört die Welt, wenn auch nur diese.
Und jetzt heißt es: aufwachen. Jene arabischen Despoten, die bis vor ganz kurzem dafür gesorgt haben, dass hunderte Millionen aus dem Süden nicht nach Europa können, sind mit Hilfe der Traumwelt-Bewohner verjagt worden, weshalb jetzt Millionen in die zerfallende Traumwelt drängen und sie damit früher oder später zum Verschwinden bringen. Kurz davor, in historischer Sicht, war ja schon der Eiserne Vorhang verschwunden, der die Traumwelt nach Osten dichtgemacht hatte. Und seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 versiegen nun auch zunehmend jene Geldquellen, mit deren Hilfe sich die Traumwelt ihren Lebensstandard auf Pump leisten konnte. Die Traumwelt, das ist die Welt von gestern.
Willkommen in der Wirklichkeit. Einer Wirklichkeit, in der die höchste politische Tugend nicht mehr sein kann, anderer Leute Geld zu verteilen, sondern harte Entscheidungen zu treffen; Entscheidungen, die äußerstenfalls auch die Anwendung staatlicher Gewalt gehen wird, wenn es darum geht, die territoriale Souveränität Europas oder seiner Staaten zu sichern. Harte Entscheidungen, wie mit jenen zu verfahren sein wird, die Schutz suchend zu uns gekommen sind, aber den gewaltaffinen Lebensstil ihrer Ursprungsländer mitgebracht haben – Mediation und gut Zureden wird da nämlich möglicherweise nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Und harte Entscheidungen, wenn es darum gehen wird, jener Intoleranz, die dem politischen Islam eigen ist, nicht mit der in den alten Traumwelt-Tagen gepflogenen Toleranz entgegenzutreten.
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