Um alle Missverständnisse zu vermeiden: Ja, die SPÖ hat jedes Recht dieser Welt, eine Koalition mit der FPÖ einzugehen, egal ob im Nationalrat, einem Landtag oder einer Gemeinde. Man mag das je nach politischem Naturell taktisch klug finden oder zum Kotzen – aber das Recht, derartige Bündnisse einzugehen, kann der SPÖ niemand absprechen. So ist das in der Demokratie halt.
Deshalb ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass die Sozialdemokraten nun im Burgenland eine Regierung mit der FPÖ bilden, und vielleicht auch irgendwann auf Bundesebene. Das hat im Grunde niemand zu entscheiden als die SPÖ selbst, sollte der Wähler eine derartige Regierungsform ermöglichen.
Nur ein Recht hat die SPÖ damit bis ans Ende aller Tage verwirkt, und zwar völlig und vollkommen: das Recht, sich als Bollwerk gegen Rechtsradikalismus, Faschismus und Neonazis aufzublasen. Mit der FPÖ ins Bett zu hüpfen und gleichzeitig den hauptberuflichen Antifanten zu mimen, das ist ungefähr so glaubwürdig wie fucking for virginity. Das geht einfach nicht.
Soll die SPÖ ruhig eine Koalition mit der FPÖ eingehen, wo immer sie mag – aber sie möge uns künftig in Ruhe lassen mit dem antifaschistischen Gedöns. Die SPÖ ist in dieser Hinsicht ab sofort nicht besser und nicht schlechter als eine beliebige andere Partei, den Anspruch, die moralische Lufthoheit über die Mitbewerber behaupten zu können, haben die Sozialdemokraten gegen den Machterhalt im Burgenland eingetauscht. Wenn die SPÖ irgendwann in der Zukunft wieder einmal gegen tatsächliche oder vermeintliche Gefahren von Rechts mahnt, wird sie sich der Lächerlichkeit preisgeben. Wenn nächstes Jahr wieder Burschenschafter zum Tanz bitten, spricht nichts mehr dagegen, dass dort Sozialisten den Ehrenschutz übernehmen.
Übertrieben glaubwürdig war das Antifa-Gedöns ohnehin nie wirklich. So sehr einzelne Sozialdemokraten aufrechte Antifaschisten gewesen sein mögen und noch immer sind, so sehr hat sich die Partei in dieser Frage letzten Endes immer sehr biegsam gezeigt, wenn es um die Macht ging und geht.
Das war schon im frühen 20.Jahrhundert so, als der legendäre rote Arbeiterführer Karl Renner anlässlich des Anschlusses an Nazideutschland verlauten ließ, der bereite ihm "wahrhafte Genugtuung". Mehr noch: er sagte den Wähler, dass er "die große geschichtliche Tat des Wiederzusammenschlusses der deutschen Nation nicht freudigen Herzens begrüßte... Als Sozialdemokrat und somit als Verfechter des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen, als erster Kanzler der Republik Deutschösterreich und als gewesener Präsident ihrer Friedensdelegation zu St.-Germain werde ich (bei der Volks-Abstimmung über Österreichs Anschluss, Anm.) mit Ja stimmen." – Was die SPÖ nicht daran hindert, ihre Parteiakademie bis heute nach Renner zu nennen.
Auch nach dem Krieg erwies sich die antifaschistische Überzeugung der Partei als Tochter der politischen Erfordernisse: der „Bund Sozialistischer Akademiker“ (BSA) diente als Auffangbecken und Neue Heimat für alte Nazis, Bruno Kreisky hatte keinerlei Bedenken, Täter des NS-Regimes in seine Regierung zu holen – verglichen damit wirkt der jüngste Pakt im Burgenland ja wie eine Kinderjause.
Alles geschenkt. Nur das mit dem antifaschistischen Karneval, das wird der SPÖ künftig nicht einmal mehr der allernaivste Wähler abnehmen.
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