Wäre die Republik Österreich ein Kreuzfahrtschiff, würden auf der Kommandobrücke wohl schon die Alarmsirenen aufheulen, die roten Lichter flackern und der Kapitän mit seinen Offizieren eiligst Maßnahmen zur Rettung des Schiffes und der an Bord befindlichen Menschen einleiten. Denn ganz offensichtlich gibt es da ein paar schlimme Lecks im Schiffsrumpf, durch die Wasser eindringt. Eine Katastrophe naht.
Nun ist die Republik zwar kein Vergnügungsdampfer (schon gar nicht für ihre Steuerzahler), aber wirtschaftlich betrachtet in einer durchaus ähnlichen Situation. Fast eine halbe Million Arbeitslose, der höchste Wert seit Menschengedenken, allein die jüngste Zielpunkt-Pleite mit 3.000 zusätzlichen verlorenen Jobs; ein viel zu geringes Wirtschaftswachstum; ein nach wie vor nur mit fünf Milliarden neuer Schulden darstellbarer Staatshaushalt; eine der höchsten Steuer-und Abgabenquoten Europas; ein Abstieg des Landes in allen verfügbaren ökonomischen Statistiken von Spitzenplätzen in Richtung unten; ein stetige Verschlechterung der Kreditwürdigkeit des Landes; die Abwanderung von besonders gut Qualifizierten ins Ausland, der Zuzug von wenig bis schlecht Qualifizierten Menschen; die nach wie vor nicht wirklich nachhaltig abgesicherten Pensionssysteme – es sind ganz schön viele Lecks, durch die da Wasser in den Rumpf der „MS Austria“ eindringt.
Trotzdem herrscht auf deren Kommandobrücke nicht eben eine Atmosphäre der Dringlichkeit, wie sie der Lage angemessen wäre. Die Alarmsirenen jaulen zwar, die roten Lichter blinken, aber die Offiziere scheint das nicht übertrieben zu beeindrucken. Alles ok, versichern sie der Besatzung und den Passagieren, auf anderen Schiffen gibt es noch größere Probleme, im Vergleich geht es uns doch eh recht prächtig, und im übrigen ist alles im Griff auf dem sinkenden Schiff.
Man weiß, wie das auszugehen pflegt.
Tatsächlich bräuchte Österreich angesichts der sich dramatisch verschlechternden Lage dringend ein Ende der Beschwichtigungspolitik und ein ehrliches Eingeständnis und eine schonungslose Diagnose der multiplen ökonomischen Probleme – und anschliessend ein wirksame Therapie an Stelle jener ökonomischen Kosmetik, mit der momentan herumgedoktert wird.
Ins Zentrum einer derartigen Therapie gehörte eine Rehabilitierung des Unternehmers und des Unternehmertums, der einzigen und ausschliesslichen Quelle neuer Arbeitsplätze und damit natürlich auch von Kaufkraft und Steueraufkommen. Nicht erst die Causa Zielpunkt zeigt, dass der Unternehmer in der Öffentlichkeit, aber bei großen Teilen der politischen Klasse unter einer Art permanenten Generalverdacht stehen, entweder kriminell oder Steuerhinterzieher oder beides zu sein. Gleichzeitig wird er vom Staat bis aufs Blut mit immer neuen bürokratischen Ausheckungen drangsaliert, vom Finanzamt und den Sozialversicherungen ausgequetscht wie eine Zitrone – dass sich das alles noch jemand antut, gehört zu den vielen ungelösten Rätseln der Wirtschaftswissenschaften. Zumal in einer zunehmend eigentumsfeindlichen Gesellschaft, die privaten Besitz zimmer mehr als öffentliches Ärgernis versteht, auch die Motivation, sich das alles anzutun immer schwächer wird.
Möglich, dass selbst unsere politischen Eliten eines fernen Tages bemerken, dass nicht sie, sondern ausschließlich die Unternehmer Arbeitsplätze schaffen. Dann könnte es freilich schon zu spät sein.