Dass die einen (eher wenigen) ein kleines Vermögen erben und die anderen (eher vielen) nichts, wird allgemein als „ungerecht“ empfunden. Das ist auch insofern irgendwie nachvollziehbar, als der fröhliche Erbe für diesen Vermögensvorteil ja keinerlei Leistung erbringen musste außer der, sich die richtigen Eltern ausgesucht zu haben. Und reich zu werden, ohne sich diesen Reichtum verdient zu haben, gilt eben den meisten Menschen als klassische Ungerechtigkeit (außer natürlich, wenn sie selbst davon betroffen sind).
Politisch wird daraus meist die Forderung abgeleitet, Erben stärker zu besteuern.
Nun gibt es in der Tat ein paar ganz gute Gründe, Erben zu besteuern; freilich nur, wenn dadurch nicht die eh schon irre hohe Steuerlast noch weiter gesteigert würde. Über Erbschaftssteuern soll man vernünftigerweise erst reden, wenn absolut sicher gestellt ist, dass dafür andere Steuern zumindest im gleichen Ausmaß gesenkt werden, besser noch in einem höheren Ausmaß gesenkt werden.
Nur mit einem Argument sollte man Erbschaftssteuern auf gar keinem Fall begründen: damit, dass Erben ungerecht sei.
Die Natur scheut sich nämlich nicht im Geringsten um „Gerechtigkeit“ und stattet die Menschen nicht nur mit unterschiedlichen Erbschaften aus. Sie sorgt dafür, dass die Menschen auch in anderer als ökonomischer Hinsicht mit höchst unterschiedlichen Lebenschancen auf die Welt kommen. Die einen sind Schön, die anderen potthässlich, die einen superschlau und die anderen etwas langsam von Begriff, die einen kommen mit irgendwelchen tollen Talenten auf die Welt, die anderen mit Tollpatschigkeit.
All das erhöht oder verringert die Chancen eines Menschen, wohlhabend zu werden, vermutlich genauso stark wie eine Erbschaft. Seriöse Untersuchungen ergeben etwa immer wieder, dass gut aussehende Menschen bei ansonsten gleicher Qualifikation um etwa 20% mehr verdienen als unansehnliche Personen. Bei einem Einkommen von 3.000 Euro im Monat entspricht das über ein Arbeitsleben von 40 Jahren einen Unterschied von 336.000 Euro, was durchaus auch eine ganz nette Erbschaft darstellt. Und dass ein besonderes musikalisches oder sportliches Talent zu Millioneneinkommen führen kann, ist bekannt.
Wer Erben aus Gründen der „Gerechtigkeit“ besteuern will, muß deshalb aus rein logischen Gründen alle anderen zufälligen „Ungerechtigkeiten“ – Schönheit, Klugheit, Talent und so weiter - ebenfalls einer Besteuerung unterziehen, um diese „Ungerechtigkeiten“ auszugleichen.
Womit, wie so oft, aus dem Versuch, Gerechtigkeit zu schaffen, ziemlich viel neue Ungerechtigkeit entstünde.