Martin Schulz, der sozialdemokratische Präsident des Europäischen Parlamentes, hat kürzlich in einer Rede über die Europäische Union und ihre zahllosen Vorzüge festgestellt: „Wer Hand an dieses Projekt legt, versündigt sich an der Zukunft der nachfolgenden Generationen“.
Das klingt vorerst nach einer jener leeren Floskeln, mit denen zehntausende vom Steuerzahler alimentierte Berufseuropäer jene Sonntagsreden zusammenschustern, von denen sich die meisten Bürger der Union schon längst nur mehr gähnend abwenden.
Und doch gestattet uns Herrn Schulz` Einlassung einen ganz interessanten und aufschlussreichen Blick auf die Geisteshaltung, die im Milieu dieser Berufseuropäer üblich ist.
Denn was meint Schulz eigentlich, wenn er „Hand an dieses Projekt legen“ sagt? Da ja bisher keine Fälle bekannt geworden sind, in denen Gegner der EU nächtens mit der Abrissbirne gegen die gesichtslosen Bürotürme der Unionsbürokratie vorgegangen wären, kann er damit eigentlich nur ganz stinknormale Kritiker der EU meinen, die zum Beispiel nicht noch mehr Verlagerung nationaler Kompetenzen nach Brüssel wollen, ja vielleicht sogar künftig wieder stärkere nationale Parlamente haben wollen. Oder, auch das kann ja sein, lieber gar nicht in der EU sein wollen.
Nun kann man darüber ja durchaus unterschiedlicher Meinung sein – aber selbst wer fundamental gegen die EU ist, „versündigt“ sich damit nicht, sondern übt lediglich ein demokratisches Recht aus. Und sei es das Recht, eine Meinung zu vertreten, die sich dereinst als unklug herausstellen könnte. So ist das halt in einer Demokratie.
Indem der Präsident des Europäischen Parlamentes – ausgerechnet! – Kritik an der EU gleichsam zu einer Sünde („versündigt sich...“) umdefiniert, versucht er natürlich, die Europäische Union gegen grundsätzliche Kritik zu immunisieren, ja diese Kritik als absolut unzulässiges Sakrileg zu stigmatisieren. So nach dem Motto: Wer gegen die EU ist, bekommt kein Argument, sondern landet in der Hölle.
So haben Diktaturen schon immer versucht, Kritik zu unterbinden: Wer gegen uns ist, versündigt sich an den Interessen der Arbeiterklasse, der Germanenrasse oder von was auch immer gerade seine Allmachtsfantasien auslebt.
Mit Demokratie hat diese Haltung freilich nicht wirklich etwas zu tun. Vielleicht kann ja mal jemand dem Präsidenten des Europäischen Parlamentes erklären, dass es das gute demokratische Recht jedes Unionsbürgers ist „Hand an dieses Projekt zu legen“, wenn er oder sie das für richtig hält – und zwar ohne sich von einem steuerbezahlten Funktionär dafür moralisierend anpöbeln lassen zu müssen. Dafür wird Herr Schulz nämlich nicht von uns allen bezahlt.
Er erweist mit dieser anmaßenden Haltung übrigens auch der Europäischen Union keinen guten Dienst. Denn viele jener Unionsbürger, die für Herrn Schultz gediegenen (Jahresgage deutlich über 200.000 Euro) Lebensunterhalt aufkommen müssen, fühlen sich angesichts einer derart präpotenten Haltung in ihren Urteilen über die Abgehobenheit der politischen Eliten in Brüssel bestätigt – und das nicht zu Unrecht. Jenes „EU-Bewusstsein“, das die Berufseuropäer dauernd einmahnen, entsteht so freilich eher nicht.
Sollte Herr Schultz sich tatsächlich Sorgen über die „Zukunft der nachfolgenden Generationen“ machen, hier ein kleiner Hinweis: dass er und seine Politikergeneration fahrlässig und unverantwortlich Milliarden an Schulden aufgehäuft haben, für die „nachfolgende Generationen“ werden zahlen müssen, gefährdet deren Zukunft wirklich.
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