Wie man mit Jesus Christus' Hilfe Wasser zu Bargeld macht

Kürzlich im Wiener Restaurant „Tian“ gegessen, aus purer Neugierde, immerhin haben wir es hier mit dem einzigen vegetarischen Lokal des Landes zu tun, das im neuen „Gault-Millau“ mit drei Hauben ausgezeichnet worden ist.

Vermutlich gibt es auch kein anderes Lokal in Österreich, wo sie Dir für ein viergängiges Gemüse-Menü am Abend schlappe 78 Euro pro Person verrechnen (wer auf acht Gänge wert legt, darf dafür sogar 112 Euro ablegen), ohne dass auch nur eine Spur von richtigem Essen für erwachsene Männer – also Fischundfleisch  sozusagen – am Teller läge. Aber bitte, darüber kann man sich nicht gut beschweren, wenn man in ein vegetarisches Lokal geht, diese Form der Mangelernährung ist diesfalls ja ausschließlich selbst gewählt. (Und auf die Idee, außerordentlich preisgünstige Rohstoffe wie Gemüse zu solchen Preisen zu verkaufen, wäre man selbst ganz gern gekommen. Ökonomisch besehen scheint sich vegetarisches Essen zur Pizza des 21. Jahrhunderts zu mausern, schön für den Wirt und seinen Kontostand.)

Doch der eindeutige und höchst originelle Höhepunkt eines Abends im „Tian“ stellt sich nicht etwa beim zärtlichen Biss auf ein knackiges Rübchen ein ­– sondern dann, wenn man zu seiner Flasche Wein eine Karaffe Leitungswasser bestellt, ein an sich in der Gastronomie ja nicht ganz ungewöhnlicher Vorgang.

Wenn Sie jetzt angesichts der etwas düsteren Vorrede glauben, dass die im „Tian“ Leitungswasser trotz der ambitionierten Preisgestaltung nicht umsonst auf den Tisch stellen, dann haben sie richtig getippt, Bingo. Aber es kommt noch besser, diese trübe Pointe wäre ja nicht ganz neu.

Denn mit dieser Methode, Gäste mit kleinstem Aufwand maximal zu verärgern, ist das „Tian“ nicht allein, das praktizieren sie ja zum Beispiel im Cafe „Museum“ auch.

Aber mit drei Hauben genügt es offenbar nicht, einfach nur eine gewöhnliche kleine ortsübliche Abzocke zu inszenieren – da braucht es schon mehr an Kreativität und Phantasie.

Und die, Chapeau, haben die im „Tian“ wirklich. Denn was als ganz gewöhnliches Leitungswasser bestellt und von der Kellnerin so aufgenommen worden ist, mutiert auf der Rechnung zu einer „Karaffe Granderwasser, 2 Euro“.

Granderwasser? Dazu Wikipedia:

„Wasser, das laut der Behauptung seiner Hersteller und Vermarkter auf verschiedene Weisen behandelt wurde und dadurch für etliche Einsatzzwecke verbessert wurde. Hinweise auf tatsächliche Veränderungen des Wassers gibt es nicht...“

Ausgedacht hat sich den Dreh ein gewisser Johann Grander aus Tirol, „der die Entstehung von Grander-Wasser auf seine guten Verbindungen zu Gott zurückführt, Antwort auf seine Fragen „von oben“ bekommt und von sich selbst behauptet, ein anderer Mensch zu sein, seit ihm vor 30 Jahren Jesus Christus erschienen sei“. (Wiki). Alles klar, danke.

Es soll ja Leute geben, die für so etwas auch noch freiwillig zahlen, warum auch nicht. Aber einem eher doch diesseitsorientierten Gast, der nach simplem Wiener Leitungswasser verlangt hat,  dergleichen Blödsinn für zwei Euro auf die Rechnung zu setzen – und damit letztlich zu nötigen, den Grander-Unfug ein Stück zu finanzieren–, das hat sich wirklich drei Hauben verdient: nämlich drei Narrenkappen in der Disziplin Gästeverarschung.

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