Einen interessanten Beitrag zur weltweiten Stärkung der Rechte der Frau verdanken wir der ehemaligen österreichischen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (mit mir gottlob weder verwandt noch verschwägert, übrigens). Dem Wiener Magazin „profil“ verriet sie nämlich, dass sie anlässlich einer Reise nach Saudi-Arabien, wie das dort für eine Frau ja ohne Gefahr für Leib und Leben nicht anders möglich ist, die „Abuya“ getragen und sich darin offenkundig pudelwohl gefühlt hat: „Ich muss sagen: Die ist praktisch. Ein angenehmes Kleidungsstück...“ gab sie zu Protokoll. - Doch, die Dame war tatsächlich einige Jahre Mitglied der österreichischen Bundesregierung und dort für ein ernsthaftes Ressort verantwortlich.
Nur zur Erinnerung für alle, die mit der Mode im arabischen Raum nicht so vertraut sind: die „Abuya“ ist jener schwarze Feudel, in den saudische Frauen gezwungen werden und der seine Trägerin von den Zehen bis zum Hals einwickelt, um allfällige physische Attraktionen zu verschleiern. Stehen mehrere Frauen in diesem erbärmlichen Outfit zusammen, erinnert das stets an eine kleine Pinguinkolonie im Zoo, mit dem Unterschied, dass Pinguine fröhlicher wirken.
Fürwahr ein „angenehmes Kleidungsstück“, wie die Frau Bundesminister a.D. anmerkt, und „praktisch“ noch dazu. Vor allem dann, wenn man als wahabitischer Mann aus welchem Grund Wert darauf legt, Frauen als besten Freund des Menschen zu verstehen und nach Belieben Verpacken zu wollen.
Dass Frau Bandion es „praktisch“ und „angenehm“ findet, wenn eine Gesellschaft Frauen auf eine mittelalterlich anmutende Art und Weise unterdrückt, entwürdigt und ihrer Menschenrechte beraubt, könnte möglicherweise mit dem Broterwerb der Ex-Politikerin in einem gewissen Zusammenhang stehen. Denn seit ihren Ausscheiden aus der Politik fungiert sie ja als Generalsekretärin eines saudi-arabischen "König-Abdullah-Dialog-Zentrums" in Wien, einer Position, die dem Vernehmen nach doch etwas über dem Kollektivvertrag entlohnt ist, nicht stark Burnout-gefährdet ist und auch sonst ein Leben in der Komfortzone des Erwerbslebens ermöglicht.
In dieser für Sie also eher erbaulichen Situation wird Frau Bandion natürlich nicht durch unangemessenen Kritik an der Herbstmode für Damen in Riad und Dschedda auffallen wollen. Auch das Modeempfinden kann eben eher situationselastisch reagieren, wenn es um die Kohle geht.
Leider hat uns Frau Bandion-Ortner darüber im Unklaren gelassen, wie sie über andere folkloristische Traditionen dieses Kulturkreises denkt. Hand aufs Herz: ist nicht eine kleine Auspeitschung nicht eh ganz gut geeignet, Frauen im Bedarfsfall auf den Pfad der Tugend zurückzuführen? Und ist es nicht in Wahrheit zu ihrem eigenen Besten, wenn man sie als Mann im Zweifel zu Hause einsperren kann, damit der Besitz des Mannes (=die Frau) nicht irgendwie beschädigt werden kann?
Vielleicht findet Frau Bandion Ortner ja auch das „praktisch“ und „angenehm“, zumindest wenn sie an ihren wohldotierten Job bei den Saudis denkt.