Die Frage, ob es sinnvoll ist, Kinder zu impfen, und wenn ja, wogegen, sollte anhand der vorliegenden Fakten und Daten eigentlich recht einfach und vor allem ohne all zu heftige Emotionen zu beantworten sein. Im Falle der Masernimpfung etwa wird der Standpunkt, dass diese Immunisierung besser unterbleiben soll, auch mit dem allergrößten intellektuellen Aufwand nur sehr schwer zu verteidigen sein; bei anderen Impfungen mag der Befund weniger eindeutig sein, wird aber trotzdem vernünftiger Weise einem kühlen Kosten/Nutzen – Kalkül (im medizinischen Sinne) zu unterziehen sein.
Um so erstaunlicher ist, wie sehr in der seit Tagen in dieser Frage tobenden öffentlichen Auseinandersetzung die Gefühle hochkochen. Vor allem bei der kleinen, aber dafür besonders lauten Gruppe der radikalen Impfgegner hat man immer mehr den Eindruck, es hier nicht mit einer wissenschaftlichen Problemstellung zu tun zu haben, sondern mit einer Glaubensfrage. Diese Menschen mit Statistiken, Zahlen und Fakten davon überzeugen zu wollen, dass ihre Position falsch und gefährlich ist, gleicht einem Versuch, dem Papst mit wissenschaftlichen Argumenten die Unmöglichkeit einer unbefleckten Empfängnis nahebringen zu wollen.
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Gegen Glaubensüberzeugungen haben Fakten ja bekanntlich noch nie geholfen, das ist bei Religionen nicht anders als bei pseudowissenschaftlichen Überzeugungen.
Und die blühen seit geraumer Zeit in der westlichen Welt wie die Krokusse auf einer Frühlingswiese, nicht nur bei Gesundheitsthemen. Obskurantismus, Esoterik, die verrücktesten politischen Verschwörungstheorien und öffentliche Spinnereien aller Art haben Hochkonjunktur wie selten zuvor. Ganz besonders das Internet gleicht immer mehr einem mittelalterlichen Marktplatz voller Gauklern, Illusionisten, Wunderheilern, Quacksalbern und Hütchenspielern, die dem naiven Publikum ein paar Silberlinge abnehmen wollen.
Wenn Sie also etwa heute ein Buch über „Homöopathie zum Aufmalen“ veröffentlichen („Die Zeichen, direkt auf die Haut aufgemalt, wirken wie Antennen und sind in der Lage, Schwingungen auszugleichen bzw. zu verändern. Es handelt sich dabei um Information, die z.B. auch über Wasser, Globuli u.v.m. übertragen werden kann“, so die Buchbeschreibung des jüngst erschienenen Werkes), dann haben Sie gute Chancen, nicht etwa in einer Klapsmühle, sondern auf einer Bestsellerliste zu landen.
Wir haben es hier mit einer Art von intellektuellem Ebola zu tun, das offenbar hochgradig ansteckend – dank twitter und facebook -, und praktisch unheilbar ist, weshalb sich die Seuche blitzartig verbreitet.
Warum ist das so?
Vermutlich korrespondiert die Ausbreitung von Esoterik und Obskurantismus mit dem Rückzug der herkömmlichen Religionen in Europa. Je schwächer der Einfluss der Kirchen wird, um so mehr Marktanteile gewinnen andere Formen des Irrationalen, die Bachblütentherapie tritt an die Stelle des Beichtstuhles.
Ganz offensichtlich hält es der Mensch, von wenigen Ausnahmen abgesehen, einfach nicht besonders gut aus, sich nur von der Vernunft und der Ratio leiten zu lassen und braucht einen Schuss Irrationalität, um nicht im Eiskasten der Aufklärung zu erfrieren.
Und gegen dieses Bedürfnis gibt es noch keine Impfung.
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