über sollbruchstellen in beziehungen oder: warum good karma und rache am ex (zufällig K.I.T.T.-fan) zusammenpassen

irgendjemand dürfte maria verletzt haben. meine freundin scheint an helllichten tagen nämlich eine durchaus liebevolle, intelligente und naja manchmal sogar ausgeglichene person zu sein. derzeit ist sie wütend und hegt rachegedanken. mir persönlich gefällt sie gut so. neigt maria doch zu selbst-gefährdenden einstellungen: dass frau etwa nach enttäuschungen ihr herz mehr und nicht weniger öffnen sollte. dadurch träfe frau dann die menschen, die wirklich zu ihr passten. oft und oft habe ich sie gewarnt, nicht auf ihren blond-gelockten yogalehrer zu hören. allerdings hatte er meine freundin längst auf einer sagen wir ganzheitlicheren ebene überzeugt: „wenn ich in seine blauen augen blicke, verschwimmen sie zu einem endlosen meer“.

maria ist eine unbelehrbare romantikerin.

der typ, der maria eingewickelt hatte, gab sich charmant, versprach sie wie eine prinzessin zu behandeln, sagte „ich bin total verknallt, darf ich dich näher kennen lernen?“ mit eingeübtem hundeblick soll er geschmachtet haben: „du kannst mir vertrauen“, „ich bin nicht so ein arschloch wie andere männer“, „wir bauen eine wichtige beziehung auf“. gleichzeitig erzählte mir maria, sei er auch nach monaten des kennens immer wieder extrem auf distanz gegangen, quasi abgetaucht. nach zärtlichen, nahen momenten ließ er sie ratlos und allein zurück.

als rationale, erfahrene frau durchschaue ich die masche sofort. und nachdem ich beobachte, wie er einen ganzen party-abend lang nicht von marias seite weicht und sie ständig abknutscht, habe ich keinerlei zweifel: „er macht dich verliebt, damit du seine bedürfnisse befriedigst, versucht dich mit nähe und distanz und mangelnder hingabe kleinzukriegen. macht und kontrollspiele also“. darauf meine freundin unbeirrt: „ja ich weiß, aber ich hab mich nicht in sein verhalten sondern in ihn als mensch mit allen seiten verliebt. er ist verletzt. ich nehm seine abwehr-reaktionen nicht ganz ernst und hab ihn einfach lieb“.

plötzliche trennung.

ich will nicht sagen, ich hätt es kommen sehen. aber vor einiger zeit sitzt mir maria mit traurigen augen gegenüber. w. der nach selbstdefinition unbürgerliche linke (nach jobwechsel dann liberale) journalist erklärte maria nach fast einem jahr beziehung, dass sie ein toller mensch sei, er geborgenheit bei ihr gesucht hätte. letztlich sei es aber mehr um ihn gegangen. er hätte sie aber nicht benutzt. alles sei vom herzen gekommen. jetzt leider liebe er – bumm habe es gemacht – seit zwei tagen eine andere. dabei hält er ihre hand, macht ihr komplimente und will sie umarmen und küssen. dieselbe verwirrende ambivalenz wie während der ganzen beziehung.

nur wenige tage davor hatte die selber freiheitsliebende und selbstbewusste maria erstmals etwas bestimmter kritik geäußert und ein wenig verbindlichkeit eingefordert. „innerhalb kurzer zeit hat er mich ausgetauscht“, ist meine freundin überzeugt. - der vorgebliche feminist und frauenversteher hat diese sollbruchstelle von vornherein eingeplant. wird er nicht mehr ideal gespiegelt, muss und will er weiter ziehen. schmerz, einsamkeit, verlassenwerden, ängste usw. will er nicht durchleben. deswegen überlässt er diesen unerfreulichen teil des lebens kurzerhand seinen vermutlich austauschbaren partnerinnen.

moderate rachegelüste.

maria ist traurig und schockiert. in ihrem gemeinsamen stammlokal – ungeschützt und ohne vorwarnung - hatte er sie mit der trennung konfrontiert. um ihr karma nicht zu gefährden wählt sie ein moderates abschiedsgeschenk: er erzählte ihr einmal (er redete gern mit ihr über sich und seine probleme), dass er geweint hätte, als sein großer bruder, nicht aber er eine K.I.T.T. (sprechendes-auto-hilft-peinlichem-typen-ami-tv-serie aus den 80ern) bettwäsche geschenkt bekommen hätte. letztlich entscheidet sich maria, ihm einen K.I.T.T- kunst-druck in die neue redaktion zu schicken. den ersehnten kindheitstraum will sie ihm nachträglich erfüllen helfen. fast rührend empfinde ich die therapeutisch/aufklärerische absicht meiner freundin: auch wenn du noch so dringend in der rolle des gescheiten journalisten aufgehen möchtest, versteckst du im inneren doch den kleinen traurigen jungen, der gern ein allmächtiges zauberauto besäße.

seine reaktion.

statt irgendetwas zu fühlen (wie vielleicht andere das täten)...schreibt er eine kolumne...

für das online-portal bei dem er derzeit arbeitet. kein wort über die eigentlich leicht zu eruierende absenderin. das statement beginnt mit dem satz : „irgendjemand dürfte sich einen streich erlaubt haben.“ ohne erkennbaren grund erwähnt er später camus buch „der fall“. dieses handelt von einem anwalt, der aus purer eitelkeit, nicht aus mitgefühl, menschen hilft. als plötzlich eine echte moralische entscheidung nötig wäre, versagt er. er geht einfach weiter, anstatt einer unbekannten selbstmörderin irgendwie hilfe zu leisten. seitdem ist sein leben aus dem ruder gelaufen, die frage nach verantwortung und schuld lässt ihn nicht mehr los. am ende der kolumne flüchtet sich marias ex nebulös in die überlegung, ob nicht das leben ohnehin absurd und – so sinngemäß - alle menschen verwirrt seien.

könnte sein, will ich ihm fast recht geben. - denn als ich das letzte mal auf maria getroffen bin, erzählt sie mir von einem versöhnlichen traum, w. sei darin als ein aus der zeit gefallener, gelassener schriftsteller aufgetaucht. irgendwie habe wohl alles eine gute seite. ich verliere marias stimme im rauschen der bar und nehme einen kräftigen schluck rotwein. sind wir frauen vielleicht doch nicht ganz zurechnungsfähig manchmal, überlege ich…egal. ich trinke weiter und der wein schmeckt nach spätsommer und das leben ist schön und zum genießen da.

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Naladin

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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