Österreich hat einige wegweisende Errungenschaften der Musik zu bieten. Die gegenwärtige Epoche dürfte, spätestens seit dem Aufstieg von Gerd Friedle alias DJ Ötzi, nicht dazu gehören. Hatte man in den 70ern und 80ern mit Falco und dem gesamten Austropop Ensemble noch von einer „Österreichischen Musikszene“ reden können, verschwand diese zu Beginn des neuen Jahrtausends zusehends und ging in einer Blase aus „Wannabe-American-Poprock“ auf. Die musikalische Vielfalt verschwand, die Originalität segelte in den Sonnenuntergang gen Westen und Ö3 tat sein Restliches. Der Traum von einer österreichischen Musikschaffenden Szene, welche diesen Namen auch verdienen würde, hatte sich ausgeträumt.
Doch seit einigen Monaten tut sich wieder etwas am Friedhof des Austropops. Und damit meine ich nicht Conchita Wurst oder The Makemakes, sondern neue frische Bands mit den Namen Wanda und Bilderbuch. Aber wieso schaffen es die beiden Letztgenannten über unsere Grenzen hinaus Erfolge scheinbar am laufenden Band einzufahren? Was machten die österreichischen Künstler in der Vergangenheit falsch, und machen es meistens bis heute?
Zu diesem Thema habe ich sechs Thesen aufgestellt. Wanda und Bilderbuch müssen dabei fast zwangsläufig als Vergleich herhalten.
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Erstens: Österreich ist alles in allem ein Land mit sehr guten Englischkenntnissen auf Zweitsprachenbasis (ich bin an dieser Stelle ehrlich und schließe mich selbst leider aus). Natürlich wissen wir wovon die Musiker aus Übersee singen. Wir verstehen ihren Schmerz, ihren Leid, ihre Lust und Freude. Allerdings ist die musikalische Omnipräsenz im Radio dermaßen erschütternd, dass der Markt durch und durch übersättigt zu sein scheint. Ich meine, wer will sich Bands anhören die gezwungen, ihren Vorbildern nacheifernd, auf Englisch singen? Es klingt einfach nicht echt. Wanda und Bilderbuch singen beide auf Deutsch, gut erstere mit einem Wiener Dialekt, aber das Endresultat bleibt dasselbe: Es wirkt ECHT und NATÜRLICH. Beide versuchen nicht sich dem Ö3 Format anzubiedern und werden für diesen Schritt belohnt. Oder, um diesen ersten Punkt in einem Satz von Falco zusammen zu fassen: „Es is schon komisch. Den ganzen Tag über red ma deutsch und sobald ma eine Gitarre in die Hand nehmen reproduziern ma anglo-amerikanische Popkultur.“
Zweitens: Nichtssagende Musik. An dieser Stelle eine Frage: Was würden Sie tun, wenn ihr Lied absolut nichtssagend ist und nicht den Ansatz einer Dramaturgie enthält? Richtig, machen Sie den klassischen „Two Eyes Closed“ (die Urheberrechte liegen vermutlich bei Bon Jovi). Dieser Gesichtsausdruck erlaubt es dem Sänger den Eindruck zu vermitteln das aktuelle Lied hätte irgend eine Art von Bedeutung oder wäre besonders einfühlsam und wichtig. Wird sehr oft von Softmetall Bands angewendet, die sich aber meistens nicht als solche bezeichnen. Nichtssagende Musik ist das Instagram der Popkunst. Man bildet sich ein unheimlich wichtig und einzigartig zu sein, obwohl man nur ein kleiner Fisch in einem gewaltigen See aus Selbstdarstellern ist.
Drittens: „Was macht ihr?“ – „Wir machen was Eigenes.“ Hätte ich jedes Mal wenn ich diese Antwort gehört habe einen Euro bekommen, würde ich heute vermutlich nicht mehr studieren sondern mit Strandbuggys die Strände der Toskana entlang jagen. Nicht falsch verstehen: Wenn man WIRKLICH etwas Eigenes macht ist das unglaublich lobenswert und gut. Fakt ist aber, dass 99,9999% aller Bands welche eine Solche Aussage tätigen, nur ihre Lieblingsband kopieren. Ich meine, wer will eine Band hören die sich beinahe vollständig an dem Original orientiert, wenn man eben auch die echte Gruppe hören könnte.
Viertens: Unrealistische Vorstellungen. Wenn man eine Band gründet und Musik wirklich liebt ist es ganz klar und natürlich sich zu wünschen dies eines Tages zu seinem Beruf zu machen. Es ist allerdings arrogant und vermessen zu glauben, dass nur durch halbwegs solide Nummern der Erfolg von alleine kommen wird. Viele Bands werden zu klassischen Proberaumgammler die es nie auch nur ansatzweise auf eine Bühne schaffen. Dieser Punkt lässt sich gut zum nächsten überleiten.
Fünftens: Österreich hat zu gute Musiker. Ja, Sie haben sich nicht verlesen. Die Musiker in Österreich sind beinahe durch die Bank von klein auf gelernte Virtuosen. Oft haben sie im Kindesalter (meistens von den Eltern gezwungen) Musikschulen besucht und können Noten lesen. Dies mag zwar vorteilhaft wirken, entpuppt sich bei näherem Betrachten aber als fataler Nachteil. Poplieder sind und waren immer einfach und orientieren sich meistens an dem KISS (nein nicht die Band,sondern das „Keep It Short and Simple“) Prinzip. Vier Akkorde die einfallsreich angewendet und kreativ eingesetzt werden reichen meistens schon aus. Aber gerade hier scheitern viele unbekannte heimische Bands. Beinahe zwanghaft versucht man möglichst komplexe Lieder zu schreiben und damit zu zeigen was man nicht für ein verdammtes Genie ist. Die Melodie bleibt leider meistens auf der Strecke.
Und schließlich sechstens: Es gibt zu viele Metall Bands. Ehrlich, ich habe KEINE AHNUNG wieso in der österreichischen Musikszene ein dermaßen gewaltiger Überschuss an Metall Bands im Vergleich zur Zielgruppe herrscht.