Früher war’s nicht zwangsläufig besser. Aber die Fronten zwischen Gut und Böse, gelobten und versengten Ländereien waren auf den Weltkarten klar gezogen. Diktatoren und Kriegsverbrecher konnten in Gebilden, die noch Staaten waren, klar benannt werden. Es war übersichtlicher, hier auf unserem geräumigen Planeten. Diese Übersicht verloren zu haben, scheint der EU-Abg. der Grünen, Michel Reimon: Indem er die österreichische Staatsspitze mit mörderischen Verbrecherregimes gleichsetzt.
Deutschlands Grüner Ministerpräsident betet für die Gesundheit der CDU-Bundeskanzlerin – per se eine seltsame Wortwahl für eine Zeit, die von befürchteten Religionskonflikten in Mitteleuropa geprägt ist – während Österreich in absoluten Zahlen 2015 mehr Schutzsuchenden Unterschlupf gewährt als 24 weitere EU-Mitgliedstaaten zusammen.
Indessen ist einigen Grünen Funktionärinnen und Funktionären ihre eigene Politikagenda unheimlich geworden. Das bisherige Mantra, Asylgesetze können bedenkenlos liberal gefasst sein, da sich ohnehin nie Hunderttausende auf den Weg nach Österreich oder Millionen auf den Weg nach Europa machen, hat sich in der Realität nicht ganz wiedergefunden. Tübingens Grüner Oberbürgermeister oder Nationalrat Peter Pilz urgieren im Panikmodus Kursänderungen, die beim inneren Kern auf Unverständnis stoßen.
Was nun? Das dürfte sich wohl auch EU-Abg. Michel Reimon gedacht haben, als er Sebastian Kurz in einem Bildsujet mit dem Tod Aylan Kurdis in Verbindung bringt. Es ist eine verräterische Bildsprache, die für mich suggeriert: „Die da oben sind ein Mörderregime“. Selbigen Vorwurf hört man nicht einmal von den Rechtsauslegern der FPÖ, lediglich in der AfD oder NPD ist die Intention gegen „die Verbrecher an der Staatsspitze“ ident. Wie EU-Abg. Reimon sein Statement im Detail verstanden wissen möchte kann wohl nur er selbst beantworten.
Vielleicht hat er aber, trotz aller edlen Absichten, die er nach meinem Verständnis definitiv hat, erkannt, dass die Grünen derzeit keine taugliche Lösung anzubieten haben. Die monotone Wiederholung, „Flüchtlinge europaweit zu verteilen“, ist kein politisches Asset. Menschen gewaltsam in Länder zu karren, die sie nicht wollen und in die sie nicht wollen, bietet mehr Facetten einer totalitären Diktatur als einem geheuer sein kann.
So bleibt als einzige politische Agitation den Außenminister mit einem Mörderregime gleichzusetzen, der bewusst den Tod von Kindern für seine politische Agenda in Kauf nähme. Die grünen Blätter welken und der Herbst kommt. Wir wissen, in welcher Farbe sie am Boden liegen bleiben, wenn sie von den Bäumen gefallen sind.