Flüchtlingsbetreuung in beschaulicher Umgebung

Ich lebe seit gut einem Jahr in einem sehr beschlaulichen, teils mondänen und eleganten Viertel von Salzburg, der Riedenburg. In umittelbarer Nähe wurden auf dem ehemaligen Areal einer Brauerei sündhaftteure Wohntürme, vorzugsweise für finanziell gut gestellte Zweitwohnsitzbesitzer hochgezogen. So elitär, dass sich der Durchschnitts-Salzburger nicht einmal ein Kellerabteil leisten kann.

Am südlichen Rand des Stadtteils liegt das wunderschöne Schloß Leopoldskron am gleichnamigen Weiher. Spätestens bekannt, seit der Lagerfeld Karl dort die Kollektion von Chanel vor einer Hunderschaft Ausgewählten präsentierte und Teile der Salzburger Gesellschaft in Aufruhr versetzte. Das Schloß ist aber auch bekannt, als Heimstatt von Hugo von Hoffmansthal, der vor beihnahe 100 Jahren dort die ersten Gedanken an die Salzburger Festspiel gehegt hat.

Ansonsten findet man in diesem schönen Viertel viele Villen aus der Jahrhundertwende und den frühen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts. Einige typische Wohnklötze, niedrigen Ausmaßes haben in den 70er Jahren anstatt diverser Baracken Platz gefunden. Es gibt viel Gastronomie und zu Fuß gelangt man in 10 Minuten zum Festspielhaus und in die Getreidegasse.

Und mitten drinnen befinden sich die Gebäude der Riedenburgkasere, die bis vor wenigen Wochen noch vom Bundesheer genutzt wurden. Dieser Standort diente schon im 16. Jahrhundert als Exerzierplatz. Vor geraumer Zeit wurde das Areal verkauft und wenn alles glatt abläuft, dann sollen im Jahr 2017 die ersten Eigentümer und Mieter in die neuerbauten Wohnhäuser einziehen. Monatelang wurde diskutiert und gestritten über Verbauungsdichte und Gebäudehöhen. Unterschriftaktionen, Diskussionabende fanden statt. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht irgendjemand an der Haustüre klingelte um mir eine Unterschrift gegen das Projekt zu entlocken. Den genauen Stand der Dinge weiß ich nun gar nicht, weil ich aufgehört habe, das Thema zu verfolgen, obwohl ich als direkte Anrainerin davon betroffen bin.

Und nun steht seit einiger Zeit fest, dass ab kommender Woche bis zum Herbst 54 asylwerbende Männer aus Syrien in die leerstehnden Gebäude einziehen werden. Das hat das österreichische rote Kreuz mittels Postwurf den Anrainern der Riedenburgkaserne mitgeteilt. Natürlich weiß man das nicht erst seit der Postwurfsendung, sondern auch durch diverse Presseberichte und hier kommt nun meine große Verwunderung. Nicht einmal ein kleinformatiges Blatt wettert gegen die Unterbringung. Es gibt keine Unterschriftaktione, keine Protestmärsche und keine Aufschreie. Ich bin verwundert, im positiven Sinn und hoffe , dass das nicht nur die Ruhe vor dem Sturm ist.

Heute gibt es eine offene Türe für uns Nachbarn, ich werde hingehen, mich umschauen und vor allem hinhören, in der Hoffnung, dass die vorherrschende, postive Stimmung auch tatsächlich so ist und auch bleibt.

Vielleicht ist die Welt doch nicht so schlecht, wie wir manchmal alle glauben.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:58

fischundfleisch

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