"Ich würde mir eine Höhle in der Wüste graben"

Wenn man mehrere Tage in der Klinik verbringt und das noch dazu in diversen Zimmern, dann lernt man unwillkürlich neue Menschen kennen. So geschehen auch bei meinem letzten unrühmlichen Aufenthalt. Eine der Bettnachbarinnen war eine nette, umgängliche Frau aus einem Salzburger Gebirgsgau. Bodenständig und freundlich. In meinem Alter, mehrfache Mutter und begeisterte Vielfach-Omi. Unsere Gespräche drehten sich um banale, alltägliche Dinge. Übers Oma-Dasein, den Gemüsegarten, übers kochen und heimische Rezepte. Nett und belanglos. Dann plötzlich am letzten Tag, nachdem meine Zimmerkollegin eine bekannte Tageszeitung im Kleinformat konsumiert hatte, lenkte sie die Unterhaltung in Richtung FPÖ und Asylpolitik.

Ich hatte so überhaupt keine Lust mich mit Politik zu beschäftigen und habe nur kurz erwähnt, dass ich in der Flüchtlingshilfe tätig bin und viele Behauptungen, die getätigt werden, einfach nicht bestätigen kann. Auf meine Frage, wie oft sie denn schon mit einem Flüchtling zu tun gehabt hätte, kam das erwartete *mit keinem*. Ich empfehle dann immer, all die Fragen, die mir als vermeintliche Flüchtlingsexpertin gestellt werden, doch direkt an Betroffene zu richten. Das nimmt vielen Diskussionspartnern den Wind aus den Segeln und regt auch zum Nachdenken an. Das hatte in diesem Fall leider wenig Erfolg. Vielleicht war ich auch einfach zu schwach, um gut zu kontern und eigentlich wollte ich gar nicht wirklich diskutieren. So durfte ich mir dann einen längeren Monolog mit kuriosen Lösungsvorschlägen für die momentane Situation anhören. Viel Altbekanntes war dabei, das ich nicht näher erwähnen möchte. Aber auch eine für mich neue Variante, was jemand machen würde, wenn er in eine Fluchtsituation kommen würde. So meinte meine Bettnachbarin tatsächlich, sie würde ihre Familie niemals im Stich lassen, was ich durchaus nachvollziehen kann, sondern, sie würde mit eigenen Händen in der Wüste eine Höhle für sich und ihre Familie graben und warten bis der Krieg vorbei wäre. Auf meine matte Frage, ob ein solches Szenario für sie auch in ihrer Heimat im Innergebirg, in der es im Winter gerne mehr als minus 20 Grad erreicht, auch in Frage kommen würde, konnte sie mir dann doch keine vernünftige Antwort geben.

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bianka.thon

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