Diese Frage würde ich aus meiner Sicht bedingt mit Ja beantworten. Nicht meine Krebserkrankung selber hat irgendeinen Sinn, im Gegenteil, sie hat mir viel Kummer und Schmerzen bereitet und durch die bleibenden Schäden auch ein sehr verändertes Leben. Auf so Manches würde ich gerne verzichten, so etwa auf meine massiven Esseinschränkungen, die mir manchmal wirklich die Tränen in die Augen treiben. Auch die bestehenden Nervenschäden standen nicht wirklich auf einer Wunschliste. Mein erworbener Sprachfehler ist zwar inzwischen ein Markenzeichen, trotzdem ist es manchmal mühsam, ständig zu erklären zu müssen, warum und weshalb, um nicht als geistig eingeschränkt zu gelten.
Trotzdem sehe ich in den meisten Folgen meiner Erkrankung sehr viel Sinn. Ich wäre vermutlich niemals in der Selbsthilfe gelandet, denn ich hatte nie derartige Probleme, dass ich eine Selbsthilfegruppe gegründet hätte. Es hätte auch keinen Grund gegeben eine Ausbildung zur Psychoonkologin zu machen, warum auch, das Thema Krebs hatte mich bis zu meiner eigenen Erkrankung nur sehr entfernt berührt, obwohl meine beste Jugendfreundin mit knapp 40 Jahren an den Folgen eines Mammakarzinoms verstorben ist. Wir waren zu dieser Zeit nur mehr sehr lose befreundet, weil wir über viele Jahre örtlich weit entfernt waren und sich unsere Wege getrennt hatten. Heute helfe ich Menschen, die so wie ich an einem Mundhöhlenkarzinom erkrankt sind und sich in der Akutphase befinden. Das empfinde ich als sinnvoll, nicht nur für die Menschen, die ich begleite, sondern durchaus auch für mich.
Auch mein Foodblog ist aus Betroffenheit entstanden und somit eine Folge meines Krebses. Ohne dieser Ernährungsproblematik, die sich durch die Therapiefolgen ergeben hat, wäre ich niemals auf die Idee gekommen Rezepte ins Internet zu stellen, auch wenn ich immer schon leidenschaftlich gerne gekocht habe. Ich inspiriere damit nicht nur andere Betroffene, meine Webseite strukturiert meinen Alltag und ermöglicht mir auch, neben meiner Erwerbsunfähigkeitspension ein kleines Taschengeld zu verdienen.
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Letztlich hat mich die Krankheit sicher auch verändert. Ich sehe vieles mit mehr Gelassenheit. So manche, früher wichtige Dinge haben heute in meinem Leben keinen Platz mehr. Dafür habe ich einen offeneren Blick für kleine Glücksmomente. Dazu gehören die berühmten Gänseblümchen am Wegesrand, die ich früher sicher nicht bemerkt habe und über die ich mich jetzt oft freue.
Ich glaube es ist sehr wichtig, auch in wirklich negativen Situationen auch Positives zu finden. Der abgedroschene Spruch, von der Türe die sich schließt, damit sich eine andere öffnen kann, trägt sehr viel Wahrheit in sich. Die Kunst ist es, die neue Türe zu finden und auch zu öffnen, daran scheitert es nämlich sehr oft. Man traut sich nicht, neue, unbekannte Wege zu gehen. Dazu gehört viel Mut und auch Neugierde.