Wer gerne kocht, der liest meist auch gerne Kochbücher. Ich besitze eine große Anzahl an Kochbüchern, die sich in über 30 Jahren angesammelt haben. Ich gehöre nicht zur Spezies der Nachkocher, aber ich lasse mich gerne inspirieren, besonders wenn Kochbücher mit schönen Bildern und spannenden Geschichten ausgestattet sind. Seit ich blogge rezensiere ich auch gelegentlich neuerschienene Exemplare.
Nun hat es sich ergeben, dass ich vor einiger Zeit zu einer Kochbuchpräsentation der besonderen Art eingeladen wurde. Franziska und Lothar Kolmer haben im Rahmen der Gastrosophischen Bibliothek eine Edition des Kochbuches der Maria Euphrosina Khumperger aus dem Jahr 1735 mit 285 Rezepten herausgegeben. Prof. Kolmer ist Gründer des Zentrums für Gastrosophie und war lange Leiter des Universitätskurses Gastrosophische Wissenschaften an der Universität Salzburg.
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Das Besondere an diesem Kochbuch stellt der Umstand dar, dass die ursprüngliche Autorin Khumperger, liebevoll Rosina genannt, aus dem ländlichen Bürgertum stammte. Im frühen 18. Jahrhundert waren Kochbücher der adeligen und klerikalen Küche vorbehalten. Rosina Khumperger stammte aus einer Wirtsfamilie und heiratete einen Bäcker aus der Gegend im bayrischen Laufen.
Ihre Rezepte sind mit unseren heutigen kaum mehr vergleichbar. Was damals als Suppe bezeichnet wurde, nennt man heute beispielsweise Sauce. Teilweise sind die Rezepte für heutige Ansprüche unbrauchbar und auch unverständlich, weil oftmals wichtige Angaben einfach ausgelassen wurden. Der größte Teil der Sammlung besteht aus Süßspeisen. Vielfach findet man auch Fisch und vor allem Anleitungen für Krebse, die im Gegensatz zu heute zu einem Alltagsessen zählten. Geflügel galt damals als teures Produkt. Erstaunlich auch die geringe Auswahl an Gemüse. Auffällig ist auch der Umgang mit Gewürzen. Salz wird als selbstverständlich angenommen. Viel Fisch- und Fleischspeisen werden gezuckert, denn dies zeugte von Wohlstand. Schaugerichte, das sind nicht essbare Speisen, die damals in höheren Kreisen sehr beliebt waren, werden nur zwei vorgestellt.
Ein großer Teil des Buches widmet sich historischen Hintergründen und der Aufarbeitung der Sprache. In einem aufwändigen Glossar werden die Wortbedeutungen gut erklärt, dadurch werden die Rezepte durchaus auch für den heutigen Sprachgebrauch verständlich gemacht. Das Original liegt heute im Archiv des Salzburg Museums.
Unter der Zahl 63 findet sich folgendes Rezept:
Gefilte Hiener einzumachen/ Nimb sauber gebuzte Hienner, ybersiede sie, / halb, hernach schneit die gurgl, khurz ab, due / Khrebß Schwaifl, darundter, thues in ein Rein, gewierz, schitte siesen Rämb darauf vnd laß / also sieden./
Es wurden anläßlich der Buchpräsentation auch Gerichte aus der Sammlung serviert und mein persönliches Fazit ist, es handelt sich vorwiegend um außergewöhnlich gewürzte, schwere Kost, aber durchaus schmackhaft. Erstaunlich ist für mich der Umstand, dass Menschen im Barock vermutlich unter ähnlichen Bedingungen gegessen haben dürften wie ich, nämlich mit massiven Kaubeschwerden, vermutlich durch fehlende oder desolate Zähne.
Franziska und Lothar Kolmer (Hg.)
Kochbuch der Maria Euphrosina Khumperger Aus dem Jahr 1735 mit 285 Rezepten
Gastrosophische Bibliothek 4
Mandelbaum Verlag Wien 2015
ISBN 978-3-85476-466-3