Vor drei Jahren habe ich eine Selbsthilfegruppe für Mundhöhlenkrebspatienten gegründet. Meines Wissens ist diese Gruppe, die im Dachverband der Salzburger Selbsthilfegruppen verankert ist, die einzige in Österreich die sich diesem Thema widmet. Es finden nach Absprache mehrmals jährlich Gruppentreffen statt, bei denen sich Betroffene und auch Angehörige über die Erkrankung, das Leben im Alltag und Neuigkeiten austauschen.
Die meisten dieser Menschen lerne ich über meine Heimatklinik kennen, denn sowohl Ärzte, als auch Pflegepersonal und Logopädin leiten meinen Kontakt weiter. Sehr oft melden sich dann diese Menschen über E-Mail oder, wenn möglich per Telefon. Ich vereinbare dann persönliche Treffen, sofern dies erwünscht ist. Manchmal geht es nur um Kleinigkeiten, Infos zu Behindertenpass, Reha-Zentren oder BU-Pension.
In den meisten Fällen kommt es aber zu mehrmaligen Zusammenkünften. In der Klinik oder an einem neutralen Ort im Umfeld der Klinik. Ich tausche mich dann mit den Neupatienten aus und berichte über meine Erfahrungen oder auch anderer Patienten. Die Bedürfnisse könnten nicht vielfältiger sein.
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Aus nur allzu verständlichen Gründen melden sich auch viele Angehörige, weil ja die Betroffenen selber oft nicht verbal kommunizieren können. Mundhöhlenkrebspatienten sind auf Grund des großen Gewichtsverlustes auch meist körperlich sehr geschwächt. Nachdem Männer häufiger an Mundkrebs erkranken, sind die Angehörigen in vielen Fällen weiblich, Ehefrauen, Partnerinnen, manchmal auch Mütter oder Töchter.
Es ist ein großer Unterschied ob man sich unter Betroffenen austauscht oder als Betroffene mit einem Angehörigen. Angehörige haben verständlicherweise öfter überhaupt keine Ahnung wie sie mit dem Erkrankten umgehen sollen. Dies liegt auch daran, dass sich Betroffene zurückziehen, sich nicht äußern können oder wollen. Sozusagen dicht machen und nicht mehr kommunizieren. Sehr oft passiert es, dass sich Patienten in der Persönlichkeit verändern, oder dass sich Merkmale verstärken. Trauriger Weise sind diese Merkmale oft negativer Natur. Menschen die in ihren Wesenszügen bereits zornig, laut, ausfallend oder aggressiv sind, ändern sich kaum zum Positiven.
Gerade vor wenigen Tagen habe ich mich mit einer Angehörigen getroffen, die berichtete wie aggressiv ihr erkrankter Mann auf sie reagieren würde. Es wäre auch zu Handgreiflichkeiten am Krankenbett gekommen, weil sie seiner Aufforderung ihm sofort eine Tageszeitung zu bringen nicht umgehend nachgekommen sei. Sie erzählte mir noch von weiteren sehr bedrückenden Vorkommnissen und stellte dann die Frage *Warum ist er so grausig zu mir?*
Das zeigt sehr deutlich die Verzweiflung des Patienten. Man entwickelt in einer derart traumatischen Situation oft nicht vorhersehbare Verhaltensweisen. Es zeigt aber auch, dass die Partnerschaft vermutlich auch vor der Diagnose bereits nicht mehr stimmig war. Diese Begegnung verdeutlicht sehr stark, wie wichtig eine stabile Umgebung für Schwerkranke ist, um einigermaßen mit dem Krankheitsverlauf positiv umgehen zu können.
Patienten sollten sich trotz ihrer dramatischen Lage im Klaren sein, dass auch die Angehörigen einem immensen Druck ausgesetzt sind. Die Erkrankung legitimiert nicht zu unangemessenen Attacken, Beleidigungen und Hasstiraden.
Es ist traurige Gewissheit, dass viele Partnerschaften eine derartig einschneidende und verändernde Erkrankung nicht überstehen.