Schon bei der endgültigen Diagnose und der Therapiebesprechung wusste ich, dass ich nach der großen Operation ein oder zwei Tage auf der Intensivstation verbringen würde. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme und dient der verstärkten Überwachung nach sehr langen Operationen. Eigentlich hat ja schon der Begriff Intensivstation schon etwas Bedrohliches an sich, meist kennt man diese Abteilung nur aus dem Fernsehen, denn Besuche sind dort nur sehr selten möglich. Somit waren auch meine Ideen dazu sehr verschwommen, aber nicht mit Angst besetzt.
Ich hatte bereits vor der Operation mit meiner Familie abgesprochen, wer dort Zutritt bekommen sollte, falls es aus medizinischer Sicht überhaupt möglich war. Die Wahl fiel auf meine Mutter und meine älteste Tochter, weil diese schon Monate vor meiner Erkrankung den ersten gemeinsamen Urlaub mit ihrem jetzigen Mann geplant hatte und auf Grund der vorliegenden Umstände nicht mehr fahren wollte. Ich konnte sie nur von einer Stornierung abhalten, in dem ich ihr die Möglichkeit gab, mich auf der Intensivstation zu besuchen, damit sie sich von meinem hoffentlich guten Zustand überzeugen konnte. Für mich war es vollkommen klar, dass das Kind den wohlverdienten Urlaub antreten musste, zumal die beiden damals eine Fernbeziehung führten. Ich wollte auch nicht der Grund für eine Ansage sein. Meine Mama hatte sich freiwillig angeboten und dem Rest der Familie wollte ich den zu erwartenden Anblick nicht zumuten.
Am 11. August wurde ich um 7 Uhr morgens in den OP-Trakt geschoben. Meine Familie erhielt um Mitternacht endlich die erlösende Nachricht, dass ich am Weg in die Intensiv wäre und sobald ich morgens wach sein würde, könnte der gewünschte Besuch stattfinden. Irgendwann so gegen 8 oder 9 Uhr hörte ich von der Seite eine freundliche Stimme, die mir mitteilte, wo ich mich nun befinden würde und dass die Operation gut verlaufen wäre. Mit benebeltem Blick versuchte ich mich zurecht zu finden, sprechen konnte ich nicht, und irgendwie fühlte ich mich wie in Watte gepackt. Beide Arme in dicken Verbänden, der Hals verbunden, dazwischen war irgendwo die Kanüle im Luftröhrenschnitt und statt einer Zunge hatte ich einen großen Fleischpatzen im Mund. Eine der Schwestern fragte nach eventuellen Wünschen. Ich deutete, man möge mir Schreibutensilien bringen, um meine dringlichen Wünsche ausdrücken zu können.
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Lange Narkosen verführen manchmal zu eigenartigen Wünschen, denn ich bat darum, man möge mich fotografieren, erst dann würde ich die Erlaubnis für Besuche erteilen können. Später wurde mir gesagt, dass ich wohl die erste Patientin mit einem so ungewöhnlichen Wunsch gewesen sei. So wurde eine Camera organisiert und zwei Fotos angefertigt, die ich nach kurzer Zeit in meinen verbundenen Händen hielt. Schön fand ich mich nicht gerade, aber würdig um Mama und Kind zu empfangen. Ich werde die Gesichter der beiden nie vergessen, auch wenn sie sich sehr bemühten, aber der Schreck stand ihnen in den Augen. Ich weiß auch heute nicht mehr wie lange sie blieben, für mich damals ewig lange und ihre Anwesenheit war für mich auch sehr anstrengend. Meine Tochter konnte jedenfalls relativ entspannt ihren einwöchigen Urlaub antreten. Sie hat mir aber abgerungen, dass wir uns täglich via Skype sehen müssten.
Am Abend stand Körperpflege am Programm, inklusive Haarwäsche, da diese mit Blut verklebt waren. Man hat im pflegerischen Bereich ganz interessante Möglichkeiten um frisch operierte Patienten die sehr langen Haare zu waschen. Ich wurde ganz flach mit dem Kopf ans Ende des Pflegebettes geschoben. Unter meinen Kopf wurde ein schwarzer Müllsack gezogen, der in einem Eimer stand. Dann wurde mittels Kannen warmes Wasser über die Haare gegossen und das ganze Blut ausgeschwemmt. Leider hatten sich die Haare so verklebt, dass man sie nicht mehr durchkämmen konnte. Also benötigte man Weichspüler. Allerdings war auf der ganzen Station, nein im ganzen Gebäude kein derartiges Mittel aufzutreiben. Die Geschäfte rund um die Klinik hatten bereits geschlossen. So wurde meine Mama informiert, mit der Bitte eine Haarspülung in die Klinik zu bringen. Natürlich, wie hätte es auch anders sein können hatte sie Derartiges nicht zuhause. Also startet sie in die diensthabende Nachtapotheke und so kam ich zur teuersten jemals von mir benutzten Haarspülung. Nach langer Wartezeit konnte endlich die Haarwaschaktion abgeschlossen werden.
Eine weitere Nacht verbrachte ich noch im Intensivbereich, danach dämmerte ich noch über das Wochenende auf der Aufwachstation meiner Heimatabteilung herum.