Prominente Krebspatienten, Vorbild oder Vorspiegelung halber Tatsachen

Menschen die man weitgehend öffentlich kennt, also sogenannte Prominente, gehen immer öfter mit ihren Krebserkrankungen an die Öffentlichkeit. Schauspieler, Sportler, Politiker sprechen plötzlich über ihren unerfreulichen Lebensabschnitt. Ich finde das gut, ja sehr gut sogar, denn ich bin zwar nicht prominent, schreibe aber trotzdem öffentlich über meine Erkrankung und den vielen Dingen die damit zusammenhängen.

Trotzdem bin ich dieser Öffentlichkeitmachung manchmal etwas skeptisch gegenüber. Unsere Frau Gesundheitsminister ist gerade wieder ein gutes Beispiel und natürlich auch Vorbild im gewissen Sinn. Diagnose, durchatmen, aufstehen, Chemo, Krönchen auf das haarlose Haupt und geht schon wieder zurück ins Arbeitsleben, wenn wahrscheinlich auch ein wenig reduziert. Ja, man kann an Krebs erkranken und durchaus während einer Chemotherapie halbwegs normal im Arbeitsleben stehen. Es gefällt mir ungemein, dass sich Frau Oberhauser haarlos in der Öffentlichkeit zeigt. Nicht weil ich das attraktiv finde, eher im Gegenteil, sondern weil sie dadurch sehr vielen Menschen Mut macht. Ich erinnere mich mit Schrecken, als das erste Mal das Wort Chemo fiel, ich hatte nicht Angst um mein Leben, nein, ich fürchtete um meine langen Haare. Mir blieb der Haarverlust erspart, dafür lebe ich heute mit vielen Narben über den ganzen Körper verteilt.

Was mich so hadern lässt, an den öffentlichen Outings vieler bekannter Menschen ist die Tatsache, dass nur ganz selten bekannt gemacht wird, um welche Krebsart es sich jeweils handelt. Es geht nicht darum, die Neugierde der breiten Masse zu befriedigen, es geht mehr darum, nicht nur Halbinformationen zu geben.

Es gibt eine große Zahl an Krebserkrankungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und genauso gibt es eine noch größere Zahl an Therapieformen. Wir sind heute medizinisch in der Lage beinahe jedem Patienten eine personalisierte Therapie zukommen zu lassen. Chemotherapie ist nicht gleich Chemotherapie. Manche Zytostatika können in einem kurzen Zeitraum ambulant verabreicht werden, andere benötigen einen längerfristigen stationären Aufenthalt. Manche Medikamente hinterlassen keine Schäden, andere wiederum sorgen für lebenslängliche Einschränkungen. Krebs ist in vielen Fällen heute heilbar oder entwickelt sich zu einer chronischen Erkrankung. Aber die Unterschiede sind so der maßen groß.

Es gibt Krankheitsverläufe die erlauben nach wenigen Wochen die Rückkehr an den Arbeitsplatz und in ein vollkommen normales Leben. Allerdings gibt es auch genügend Krankheitsverläufe, meist abhängig von der Krebsart, die zwar ein Weiterleben ermöglichen, aber unter sehr veränderten, erschwerten Umständen.

Ich würde es für authentischer erachten, wenn man schon mit seiner Krebserkrankung an die Öffentlichkeit geht, diese auch zu benennen. Es ergibt sich sehr oft ein vollkommen falsches Bild. Betroffene werden unter Druck gesetzt. Oft hört man auch, dass Prominente deshalb so locker mit der Erkrankung umgehen können, weil sie eh besser als die breite Masse behandelt werden. Was ich übrigens für groben Unfug halte.

Es werden teils auch falsche Hoffnungen gestreut, wenn ein prominenter Patient, nur bekennt, er habe Krebs. Es ist mir klar, dass jeder Mensch ein Recht auf seine Privatsphäre hat und dazu gehört Gesundheit und Krankheit. Das ist gut und vollkommen richtig. Ich würde mir trotzdem wünschen, wenn schon outen, dann bitte mit den richtigen Infos. Die Aussage *Ich habe Krebs* ist für die Funktion als Mutmacher und Vorbild in meinen Augen einfach zu wenig.

Umgekehrt finde ich es ebenso wichtig, Menschen die in der Öffentlichkeit stehen im Krankheitsfall nicht zu bedrängen, wenn sie ihre Krankheit privat halten möchte.

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