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Vor Kurzem hatte ich ein angeregtes Gespräch mit einer Freundin meiner Mama. Eine sehr aufgeschlossene Frau Mitte 70. Wir unterhielten uns über Behördenärger und dem manchmal sehr befremdlichen Umgang mit Menschen mit Behinderung. Irgendwann fiel die Bemerkung *richtige Behinderte haben es ja oft schwer*. Und das aus dem Mund von jemandem , der wirklich frei von Vorurteilen ist. Das hat mich sehr stutzig gemacht. Denn es hat mir wieder einmal verdeutlicht, wie Behinderung in unserer Gesellschaft wahrgenommen wird. Nämlich vorwiegend sichtbar. Fragt man ganz abrupt, wie man sich einen Behinderten vorstellt, dann erhält man meist die Beschreibung einer Person im Rollstuhl. Oder einer sehbehinderten Person, gekennzeichnet durch Stock und gelber Armbinde. Menschen mit mentaler Retadierung, geistiger Einschränkung, werden auch oftmals nur als behindert wahrgenommen, wenn auch körperliche Veränderungen vorhanden sind.
Ich habe nach dieser sicher unbedachten Bemerkung gefragt, ob sie denken würde, dass meine massiven Esseinschränkungen keine *richtige* Behinderung wären. Und wie sich denn so eine *richtige* Behinderung darstellen würde. Das versetzte meine Gesprächspartnerin in eine kurze Sendepause und sie gab dann zu bedenken, dass man sich kaum vorstellen könnte, was es bedeuten würde, nicht richtig essen zu können und vielleicht das der Grund wäre, eine derartige Einschränkung nicht als Behinderung wahrzunehmen. Und sie räumte auch ein, dass wohl der meiste Teil der Gesellschaft unter einem Behinderten einen körperlich verkrüppelten Menschen sehen würde. Ein bild, mit dem auch meine Generation aufgewachsen ist. Krüppel und Deppate, so waren die Aussagen über Menschen mit geiszigen oder körperlichen Defiziten.
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Ähnliche Erfahrungen mache ich auch mit meinen Sprechdefizit. Es gibt Tage, da verstehe sogar ich mich schwer. Mein direktes Umfeld ist geübt und versteht mich auch inhaltlich, wenn manche Wörter unverständlich sind. G un K kann ich in vielen Fällen nicht aussprechen. Bei feuchtem Wetter entwickle ich viel Speichel, dann bin ich tatsächlich sehr unverständlich. Besonders wenn ich dann auch noch unkonzentriert bin.
Für Menschen die mich nicht kennen, wirke ich dann *richtig* behindert. Viele vermuten auch eine geistige Einschränkung hinter meinem Defizit und behandeln mich, als würde ich normalen Unterhaltungen nicht folgen können. Das ist nicht immer sehr charmant und lässt so manche aggressive Stimmung in mir aufsteigen. Wenn ich den Grund meiner Einschränkung nenne, verhalten sich die meisten Menschen zwar leicht schockiert, aber wieder vollkommen normal und sind in gewisser Weise dankbar für die Information. Ich empfinde diese ständige Erklärungsnotwendigkeit auch manchmal als sehr mühsam. Wer möchte schon permanent erzählen, dass ein großer Teil der Zunge fehlt, und man deshalb manches nicht korrekt aussprechen kann. Genauso bin ich es auch manchmal leid in Restaurants exat erklären zu müssen, was und wie und warum ich vieles nicht essen kann. Das ist aber notwendig um nicht vor leeren Tellern zu sitzen oder mit Kartoffelpüree abgespeist zu werden.
Da frage ich mich dann schon, haben *richtig* Behinderte weniger Erklärungsnotstand als ich?