Seit Sommer engagiere ich mich in der Flüchtlingshilfe. Mindestens einmal wöchentlich trainiere ich trotz meiner Spracheinschränkung mit einer wechselnden Gruppe von Asylwerbern Deutsch im Alltag. Einige sind mir inzwischen sehr freundschaftlich verbunden und kochen sogar manchmal für meinen Foodblog. Ich kümmere mich auch um so manche Belange außerhalb des Camps, wie Wohnungssuche oder andere Hilfestellungen.
Vor Längerem habe ich mich auch in den Verteiler der Salzburger Caritas eingetragen , aber bis letzte Woche war keine Zeit um mich für einen freiwilligen Dienst am Bahnhof oder der Grenze zu Freilassing zu melden. Ich habe auch sehr lange darüber nachgedacht, ob es für mich auch emotional in Frage kommt mich wirklich direkt mit Menschen auf der Flucht zu konfrontieren, noch dazu wenn auch kleine Kinder involviert sind. Bei meiner Arbeit als Sprachtrainerin bin ich zwar oft mit vielen unterschiedlichen Schicksalen konfrontiert, aber niemals so greifbar und direkt.
Letzten Samstag habe ich mich dann frühmorgens auf den Weg zur Sammelstelle am Bahnhof in Salzburg gemacht, um mich als Freiwillige nützlich zu machen. Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Am wenigsten rechnete ich damit, dass ich die kommenden Stunden mit Kleider sortieren verbringen würde, weil in dieser Nacht nur sehr wenige Menschen am Weg nach Deutschland waren. Man möge denken, das wäre eventuell eine kleine körperliche Anstrengung, ja das war es, aber emotional sicher eine einfache Tätigkeit. Das ist ein großer Irrtum, denn es ist schon befremdlich in getragenen fremden Kleidern zu wühlen. Die meisten Kisten und Säcke, die sortiert werden sollten, waren mit sauberer Kleidung gefüllt, oft schon perfekt vorausgewählt und manchmal sogar beschriftet.
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Trotzdem gab es genug Säcke bei denen man sich fragen musste, was sich die *Spender* dabei dachten. Wie kann man auf die Idee kommen, Anfang Oktober für Menschen auf der Flucht bodenlange Abendkleider, Bikinis, Shorts, ärmellose T-Shirts, Krawatten oder Flipflops zu spenden? Auch die viel besprochenen ungewaschenen Unterhosen und durchlöcherte, übelriechende Socken sind mir untergekommen. Man fragt sich wirklich, welche Beweggründe es gibt, so etwas als Spende weiter zu geben.
Das schönste Erlebnis an diesem Morgen war ein Ehepaar mittleren Alters, das eine ganze Wagenfuhre mit passenden Lebensmittel und vor allem neugekaufter Säuglingsbekleidung für gut 10 Neugeborene mitgebracht hat. Als Erklärung gaben sie an, sie wären gerade zum ersten Mal Großeltern geworden und möchten ihre große Freude mit Menschen teilen, die nicht in der Lage sind ihre Enkelkinder zu beschenken. Das hat mich sehr berührt.
Dafür folgte wenig später das genaue Gegenteil in Form eines Ehepaares, deren Auftreten auch für eine Galerieeröffnung passend gewesen wäre. Ich war gerade dabei Kleidungsstücke von einem Karton in andere zu verteilen, als ein schwarzer Pumps unter meiner Nase sichtbar wurde. Mein Blick nach oben erreichte ein etwas kräftig geschminktes Gesicht samt blondierter Hochsteckfrisur. Eine Tasche mit einer Winterjacke landete vor meinen Füssen. Begleitet von den herablassenden Worten „das ist eine sehr wertvolle Jacke, schauns, dass die eh jemand Anständiger kriegt, denn das ist immerhin Markenware!“ (die besagte Markenware stammte von einer Textilkette und hat vermutlich keine 80€ gekostet und war mehr als 5 Jahre alt) Dass mich die gute Frau als Bittstellerin behandelte mit ihrem Tonfall, brauche ich nicht extra erwähnen. Ich musste mich wirklich sehr zurücknehmen um nicht eine wenig freundliche Antwort zu geben. Ich beließ es bei einem einfachen *danke*. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die Gnädige anschließend mit dem Gemahl zum Samstagsbrunch mit Gleichgesinnten in einem der vielen Salzburger Kaffeehäusern getroffen hat, um dort von ihrer großen Mildtätigkeit zu berichten……………
Ich habe mich trotzdem für weitere Dienste eingetragen.