Gelegentlich, wenn ich mir nach zeitintensiver Schreiberei eine Pause gönne oder wenn ich nicht schlafen kann, mache ich mir Gedanken über aktuelle Entwicklungen, die direkt oder indirekt freiberufliche Textarbeiter (dazu gehören auch Journalisten) betreffen. Außerdem rege ich mich gern auf. Echt mal! Ich finde, dass eine gesunde Mischung von Begeisterung und Skepsis das Leben lebenswert macht und den Blutdruck in Schwung hält. Meckern gehört dazu, ist sozusagen die belebende Würze der Kommunikation - ergo: gesund für die Seele. Manchmal ist auch einfach nur der berühmte Tropfen ausschlaggebend.
Zur Eingangsfrage: In letzter Zeit fallen mir vor allem auf Facebook gehäuft neu gegründete Textagenturen auf, hinter denen Leute (gescheiterte Texter? Affili-Trittbrettfahrer?) stecken, die zwar mehr oder weniger Ahnung von Webseitengestaltung haben, aber das war’s dann auch schon mit der Kompetenz. Die professionell aufgezogenen Seiten suggerieren auf den ersten Blick hohes Wissen und Erfahrung. Funktioniert der Kundenfang, stehen die Macher plötzlich vor einem Auftragsvolumen, das sie nicht bewältigen, geschweige denn selbst vertexthexen können. Dann spielen sie sich als Auftraggeber auf und versuchen freie Texter abzuschöpfen - mit Billigstpreisen. Denn schließlich wollen/müssen diese Leute mit ihrem Konzept was verdienen. Soweit, so (nicht) gut, denn soziale Kompetenz und Respekt vor der Arbeit und der Person des Texters bleiben dabei auf der Strecke. Woher soll die Empathie auch kommen, wenn die Newcomer-Firma einsam im abgeschotteten Wohnzimmer oder am Küchentisch betrieben wird! Per Facebook-Profil wird der virtuellen Öffentlichkeit allerdings gern ein Leben auf der Sonnenseite vorgegaukelt.
Je niedriger der Preis, desto höher der Anspruch. Bzw. der Preis sinkt, der hohe Anspruch bleibt. Wieso? Weil sich zahlreiche „Zwischenhändler“ auf dem Markt drängeln und die Qualität trotzdem stimmen soll. Die stringente Linie: Endkunde --> Agentur --> Texter (oder bestenfalls Endkunde --> Texter) ist immer schwieriger zu finden. Stattdessen sieht es oft so aus: Endkunde --> Agentur --> Sub-Agentur --> Texter --> Subtexter. Kein Wunder, dass nach wie vor obermieser Content im Netz rumschwirrt oder Billigtexter sich über unbezahlte Rechnungen beklagen. Denn wenn nur einer in der Perlenkette die Texte nicht annimmt, weil sie nicht den Anforderungen entsprechen, gehen alle untendrunter leer aus. Es soll sogar Börsentexter geben, die 2-Cent-Textbörsenaufträge für unter 1 Cent/Wort auf Portalen wie Machdudas von Subsubtextern texten lassen und dieses „Geschäftsmodell“ sogar noch verteidigen! Das ist dann unterste Schublade - ich meine damit nicht unbedingt die Textqualität. Eigentlich empfand ich diese üble Entwicklung als rückläufig, weil 08/15-SEO-Kram nicht mehr gefragt ist. Deshalb wundert es mich, dass es diese Agenturen immer noch gibt bzw. ständig neue dazukommen. ^^
Die selbstbewusst agierenden Geschäftsleute inserieren in FB-Texterjobgruppen und bieten dreist „lukrative Aufträge“ mit angeblich niedrigem Rechercheaufwand an, ohne Preise zu nennen. In 90 von 100 Fällen wollen diese „Geheimnisträger“ nicht mehr als 2 - 4 Cent Wortpreis zahlen, am liebsten noch mit Rabatt, weil sie ein „hohes Auftragsvolumen“ in Aussicht stellen und somit Texter zu Schreibmaschinen degradieren. Ohnehin könne jeder Gymnasiast mit Deutschnote 1 Minus Texte tippen, meinen diese Leute. Jegliche Bewerbung wäre Zeitverschwendung. Und ist es auch! Denn man weiß ja vorher nicht, ob hinter dem blumig beworbenen Gesuch ein Dumpingfritze steckt. Ätzend! Leben und leben lassen und ignorieren? Geht leider nur bedingt, weil solche Ärgernisse wirklich kontinuierlich nerven - und nicht nur Freelancer wie mich (die übrigens lieber mit Stück- oder Projektpreisen statt mit Wortpreisen rechnen).
Hier sollte eigentlich ein Youtube-Link stehen. Aufgrund des hohen Fremdschämfaktors habe ich mich dagegen entschieden. Ihr wollt trotzdem einen passenden Link? Dann klickt doch!
Lustig sind auch textende Quereinsteiger, die von den Textbörsen weg wollen (oder aufgrund unerfüllter Einstiegskriterien gar nicht erst drin waren) und sich selbstständig machen möchten, mit Ankündigungen wie „ich will dann auch Lektorat anbieten, weil ich denke, dass ich ein gutes Textgefühl habe.“ Aber das wäre ein anderes, eigentlich überflüssiges Aufreger-Thema. Denn solche Leute sind relativ schnell wieder weg vom Fenster bzw. krauchen zu recht im Billigsegment rum.
Ganz zuletzt noch die Definition für „Idiot“, falls irgendjemand das Wort nicht einordnen kann. Woher kommt der Ausdruck „Idiot“ und was bedeutet er?
Habe fertig. :)