Beide Parteien, sowohl die CDU also auch die SPD sind in einem Dilemma. Sie wollen viele Wählerstimmen haben, und sich als Volksparteien sehen. Viele Wählerstimmen bekommt man aber nur, wenn man ein breites Publikum bedient. Wenn man Minderheitenpolitik machen will, dann hat man halt am Ende nur die Stimmen der Minderheiten. Die SPD muss da ganz schön aufpassen, dass sie sich nicht zu einer Kleinpartei schrumpft.
Wer trägt die Schuld und was können die Parteien dagegen tun? Und vor allem, brauchen wir eine grundlegende Veränderung?
Jetzt wird viel von Erneuerung gesprochen. Was wollen sie denn erneuern? Ihr Programm? Ihr Führungspersonal? Die Richtung der Politik? Und vor allem, was sollte man denn besser machen?
Deutschland steht so gut da wie nie zuvor. Wir sind ein weltweit geachtetes Land. Unser Rolle in Europa war noch nie besser. Wer hätte denn vor zwanzig Jahren im Traum daran gedacht, dass uns einmal ganz selbstverständlich die Führungsrolle in Europa aufgedrängt wird? Wer hätte denn jemals daran gedacht, dass es der breiten Gesellschaft so gut geht, wie heute?
Ja, es geht den Leuten gut. Natürlich gibt es auch viele arme Leute in unserem Land und im Moment vergrößert sich diese Armut. Da muss man gegensteuern. Was ja auch mit der Groko, wenn sie denn auch kommt, getan werden soll. Aber das ist doch nicht überall so. Wenn ich mich in meinem Umfeld umschaue, dann haben sich alle Leute in den letzten zwanzig Jahren finanziell verbessert. Selbst die wenigen Zinsen, machen die Gesellschaft, in der ich mich bewege, nicht ärmer. Da leisten sich Leute Kreuzfahrten, die das früher nicht konnten. Es wird ganz selbstverständlich mehrmals pro Jahr in Urlaub gefahren.
Die Kinderzimmer quellen über vor Spielsachen. Die Kleiderschränke platzen aus allen Nähten. Schuhe über Schuhe, stehen da herum. Beim Essen müssen ganz viele nicht darauf achten, dass sie sparsam kochen und vor allem, dass sie nichts wegschmeißen. Da wird gekauft, was das Zeugs hält. Immer das neueste Auto. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass man sich früher mit 18 schon ein neues Auto leisten konnte. Das geht heute, das bekommen die Kinder von ihren Eltern zu Geburtstag geschenkt, inklusive des Führerscheins. Das gab es in den 80er nur bei den Reichen. Vieles was früher nur die "Reichen" sich leisten konnten, leisten sich heute auch "normale" Leute. Natürlich auch, dank dieses billig - billiger - am billigsten. Das ist aber ja so gewollt. Und auch diese Spirale des Preisdumping ist (leider) nicht gemeint, wenn es heißt Erneuerung.
Die Wirtschaft brummt und die Leute geben das Geld mit zwei Händen aus. Ich will das jetzt gar nicht groß bewerten, denn dieses Leben in Saus und Braus ist nicht meins. Aber diese Leben ist allgegenwärtig. Bei meinen Freunden, bei meiner Familie, bei meinen Arbeitskollegen, bei meinen Nachbarn.
Wie kommt man dann darauf, dass unsere Regierung in den letzten 12 Jahren alles falsch gemacht hat? Wieso muss man das jetzt alles ändern?
Wenn jetzt eine Änderung in die Richtung, „wir müssen in Zukunft auf mehr Nachhaltigkeit setzen“, dann würde ich ganz laut „JA“ schreien. Das wäre dringend nötig. Aber das ist ja damit nicht gemeint. Es ist gemeint, dass es Deutschland nicht gut geht und deshalb muss die Regierung weg.
Wir haben Stillstand heißt es da. Aber niemand erklärt uns, wohin der Zug fahren soll, wenn der Stillstand aufgehoben ist. Was wollen wir erreichen? Wir sind eines der reichsten Länder. Wollen wir noch reicher werden? Ist es die Macht? Wollen wir mehr Macht oder Ansehen in der Welt? Reicht uns dieses Ansehen, welches wir ja auch dank Angela Merkel genießen können, nicht mehr?
Also was wollen wir ändern?
Wollen wir nur neue Köpfe, soll jetzt die alte Garde verdrängt werden und die Jungen wollen ihr Erbe antreten? Können die das wirklich besser als die Alten?
Natürlich soll man auch immer wieder die Parteien, die Regierungen verjüngen. Aber haben wir jetzt wirklich nur Tattergreise in den wichtigen Posten? Herr Schäuble, der älteste aus unserer Regierung ist schon weg. Obwohl er eigentlich, auch wenn er alt war, oder vielleicht auch gerade deshalb, eine solide Finanzpolitik gemacht hat. Wir sind eines der einzigen Länder der Erde, die nicht jedes Jahr noch neue Schulden dazu machen. Ich bin Herrn Schäuble sehr dankbar, wie er das gemanagt hat. Er hat unser Geld zusammengehalten und wir sind trotzdem reicher als viele andere. Ansonsten, haben wir eigentlich nicht lauter Greise in der Regierung. Und ich denke, dass in der nächsten Regierung auch nochmal eine Verjüngung ansteht.
Wollen wir jetzt so junge Leute, wie Kevin Kühnert Regierungsverantwortung geben?
Bitte nicht! Da steht in meinen Augen ein kleiner Junge, der gerade seine Trotzphase auslebt. In der Politik geht es ja nicht in erster Linie darum Recht zu haben, sondern um Verantwortung. Wie kann es verantwortlich sein, wenn man nicht von seiner Richtung abweichen möchte, egal auch was aus der Partei wird, was aus dem Land wird, Hauptsache man hat sich durchgesetzt.
Politik heißt auch, offen sein für andere Ansichten. Diskussionen führen und auch andere überzeugen, aber auch sich von anderen überzeugen lassen. Ein Diskurs eben. Eigentlich sollte man niemals auf einen Punkt, unabänderlich beharren. Jeder Punkt kann man aus verschieden Seiten beleuchten und dann braucht ein Politiker auch das Charisma zu sagen, ich habe mich zu früh festgelegt, man kann diesen Punkt auch anders bewerten. Diese trotzige „ich werde jetzt diese Groko verhindern, egal was danach passiert“, ist einfach kindisch und zeugt davon, dass dieser junge Mann noch sehr grün hinter den Ohren ist.
Merkel muss weg!
Vielen geht es eigentlich darum, wenn sie von Erneuerung sprechen, dass sie einfach nur Angela Merkel weg haben wollen. Diesen Satz wollen sie aber nicht in den Mund nehmen, deshalb wird das durch die Blume gesagt. Sie hat halt ihren Zenit deutlich überschritten (12 Jahre sind genug) und sie hat sehr viele Menschen durch ihre fehlerhafte Politik 2015 gegen sich aufgebracht. Der Stimmenverlust hat genau dies ausgedrückt. Sie hat viel Beliebtheit eingebüßt, mittlerweile auch bei ihren eigenen Leuten. Da drängen jetzt überall junge Politiker nach, die sich selbstverständlich in Position bringen wollen. Das ist ja auch gut so. So funktioniert Politik. Aber bei der CDU war das jahrelang anders gelaufen. Sie hat alle weggebissen, die sich positioniert haben. Das darf sie jetzt nicht mehr, denn ihre Kanzlerschaft geht dem Ende zu.
Hat sie aber jetzt wirklich alles in ihrer Regierungszeit schlecht und falsch gemacht?
Ich denke nein, sie hat trotz allem eine gute Politik für unser Land gemacht. Sie hat uns durch die Finanzkrise geleitet, sie hat uns zu wirtschaftlicher Größe verholfen, wir sind ja nicht einfach so Weltmeister beim Export? Sie hat uns zu Wohlstand verholfen. Wie ich schon oben ausgeführt habe. Sie hat uns Ansehen in der Welt verschafft.
Natürlich hat sie nichts dagegen getan, dass sich die Schere zwischen arm und reich weiter öffnet. Aber ich denke, dafür ist sie eigentlich ja auch nicht in erster Linie gewählt worden. Dafür wäre eigentlich die SPD zuständig. Diesen Fehler kann man ihr nicht anheften. Schließlich ist sie aus der CDU, und die haben bekanntlich andere Prioritäten.
Für mich selbst, hat sie nur einen großen (allerdings gravierenden) Fehler begangen, sie hat die Tore geöffnet. Dass sie bis jetzt alles versucht, dass wieder abzumildern, bringt sie mir nicht mehr näher. Also meinetwegen könnte sie weg.
Aber wir werden sie nicht wegbekommen. Sie hat ja schon angekündigt, dass sie, wenn die Groko nicht kommt, dann doch eine Minderheitenregierung machen und bei Neuwahlen selbstverständlich wieder antreten würde. „Bätschi“ könnte sie da wie Andrea Nahles, sagen. Oder wie Westerwelle, „Ihr kriegt mich nicht“.