Sind wir wirklich so schlimm, wie es uns die guten Menschen oft weiß machen wollen? Sind wir ein Volk aus lauter Egoisten? Sind wir gar ein Volk, das völlig unmenschlich ist, weil wir nicht mit allen Menschen der Erde teilen wollen? Weil wir unsere Heimat nicht einfach anderen Kulturen überlassen möchten?
Verhalten wir uns wirklich so unmenschlich? Unmenschlich heißt ja, wörtlich genommen: wir verhalten uns nicht wie ein Mensch.
Dazu müssen wir erst einmal begreifen, wer wir sind und wer wir sein wollen. Das ist nämlich nicht immer das selbe. In erster Linie sind wir nur Menschen und verhalten uns genau so. Erst in zweiter Linie sind wir soziale Wesen, die (wenn es hart auf hart kommt) nur in der Gemeinschaft überleben können.
Deshalb brauchen wir die Gemeinschaft. Im Idealfall ein Zusammenschluss von Gleichgesinnten. Am sinnvollsten wäre es, wenn alle in die gleiche Richtung wollen, aber auch das ist keine unbedingte Voraussetzung für eine Gemeinschaft. Manchmal reicht auch ein Zweckverband zum Schutze der Einzelnen, ohne dass die Ziele haargenau übereinstimmen. Genau das haben wir heute. Wir haben einen großen Zweckverband zum Schutze der Einzelnen, der Staat.
Es ist auch ein völliges Wunschdenken, in einer Gesellschaft leben zu können, in der sich nur Gleichgesinnte (Gleichdenkende) aufhalten. Das gab es noch nie und wird es auch nie geben.
Manche finden das sehr erschreckend, dass es Menschen gibt, die nicht so denken und die nicht die gleichen Ziele verfolgen, wie sie selbst. Die sind dann in deren Augen unmenschlich und fehlgeleitet und müssen umerzogen werden. Lustig daran ist dass gerade die, die Multikulti mögen, die die Vielfalt der Menschen angeblich so schätzen, keine abweichende Ansichten durchgehen lassen möchten.
Die Andersdenkenden sollen am Besten auch keine Meinung mehr äußern dürfen, um ja nicht noch mehr Leute anzustecken. Da scheint mittlerweile jedes Mittel recht. Dabei ist es eine völlig normale, menschliche Tatsache, dass Menschen nicht gleich denken. Was dem einen als erstrebenswert gilt, ist dem anderen völlig egal. Menschen waren immer unterschiedlich und werden das auch immer sein. Menschen haben auch unterschiedliche Ziele und auch das ist völlig menschlich.
Menschen, die nicht so denken wie wir, die eine andere Ansicht haben, die eine andere Richtung einschlagen, die können viele von uns schon mal nicht leiden.
Können wir uns eigentlich noch selbst leiden?
Dazu braucht es Selbstreflexion. Das können aber viele Menschen nicht. Sie können sich nicht völlig unvoreingenommen sehen. Auch das ist menschlich. Deshalb machen sich auch viele Menschen selbst etwas vor.
Bei den meisten Menschen gibt es deshalb auch zwei Menschen, die, die sie sind und die die sie sein wollen. Je höher man in der Gesellschaft steht, umso mehr muss man der sein, den man sein will oder den man sein muss und nicht der den man eigentlich ist. Man wird ja heute vermarktet, beraten, und kreiert.
Das gehört in unsere heutige Welt, dass wir nicht mehr die sein dürfen, die wir in Wirklichkeit sind. Deshalb müssen wir uns auch nicht wundern, dass wir so viele Krankheiten entwickeln. Zum Beispiel auch der Selbsthass, der zur Zeit grassiert. Ein ständiges Selbstverleugnen rächt sich.
Damit kommt man dann wieder auf das zurück, was wir vom modernen Menschen erwarten. Früher wurde Angepasstheit verlangt - heute Einzigartigkeit, koste es was es wolle. Ob jetzt alle diese Einzigartigkeit erfüllen können steht in den Sternen, weshalb ja auch ganz viele, die das nicht erfüllen könne, sehr sehr unglücklich sind oder irgendwann sein werden.
Was ist denn jetzt besser – die Anpassung oder die Einzigartigkeit? Ich denke auch da gilt wie bei allem immer schön in der Mitte bleiben, denn das ist der richtige Weg. Nicht in die Extreme. Nicht fanatisch werden. Offen sein für alles, aber trotzdem wachsam bleiben.
Jetzt sind wir ja nicht nur soziale, einzigartige oder angepasste Wesen. In erster Linie sind wir Menschen, so wie die Natur uns gemacht hat. Das menschliche Verhalten ist noch in vielen Bereichen nicht so viel anders als beim Urmenschen.
Wir werden noch immer von unseren Ur-Trieben gesteuert. Sie haben eine maßgebende Wirkung auf uns. Ob uns das gefällt oder nicht. Wobei der Überlebenstrieb und der Fortpflanzungstrieb (ebenfalls ein Überlebenstrieb der eigenen Genen) sehr stark sind. Sehr wenige können sich dem entziehen.
Was hat nun mehr Einfluss auf uns, das Milieu und die Erziehung oder die Gene?
Wir werden in eine Umwelt geboren, in der wir uns dann fortan zurechtfinden müssen. Da sind wechselnde Regeln vorhanden, je nach Zeitgeist, da müssen wir uns immer wieder anpassen.
Selbstverständlich ist die Kindheit prägend und man erlernt entweder dass man geliebt und behütet wird, oder dass man sich selbst durchs Leben schlagen muss. Beides sind völlig verschiedene Startbedinungen. Wobei auch da nicht das einen nur gut und das andere nur schlecht ist.
Auch wenn wir meinen, mit ganz viel (erdrückender) Liebe unserem Nachwuchs die Beste Möglichkeit zu geben, stimmt das nicht ganz. Wer immer vor seinen Kindern her läuft und alle Steine aus dem Weg räumt, an dem sich das Kind stoßen könnte tut seinem Kind auch keinen Gefallen.
Es ist also wie immer, in der Mitte liegt das Richtige. Man sollte Kindern das Gefühl vermitteln, dass sie gewollt sind und dass man sie liebt, so wie sie sind. Aber man sollte Kindern auch ihre eigenen Erfahrungen machen lassen, man muss sie rechtzeitig loslassen, denn wir sind ja nicht ein Leben lang für sie da. Sie müssen auch lernen, allein zurecht kommen. Und auch aus negativen Erfahrungen kann man einen positiven Gewinn machen.
Aber das Milieu in dem man groß wird ist nicht das einzige was uns prägt. Ein Großteil dessen was uns ausmacht, ist in den Genen verankert. Wir sind so wie wir sind und wir sehen auch unsere Vorfahren in uns. Ich bin z.B. ganz viel wie mein Vater und dessen Mutter. Ob mir das nun gefällt oder nicht, es ist einfach so. Das können wir auch nicht so einfach verändern. Also muss man das annehmen und gut finden. Warum soll ich anders sein wie ich bin?
Mitgefühl ist nicht angeboren.
Neulich schrieb jemand in einem Blog, man wird als gewaltfreies Wesen geboren. Das stimmt so nicht. Wenn man Babys und Kleinkinder betrachtet, dann werden die ohne Mitleid geboren. Mitleid muss man erlernen. Wir werden alle so geboren wie die Vögel, die ihre Geschwister aus dem Nest werfen, damit sie überleben. Der Überlebenswille ist und bleibt einer der stärksten Triebe, die wir haben.
Das wir heute alle "Mutter Theresa" sein wollen ist so nicht im Menschen verankert, das ist erlernt.
Und das funktioniert auch nur, wenn wir genügend Ressourcen haben und wir nicht unser Leben für ein anderer geben müssen. Man kann also nicht alles was jetzt nicht „Mutter Theresa gleich“ ist, als unmenschlich abtun. Diese Menschlichkeit war nicht immer da und ist auch nicht jedem gegeben.
Es ist Hohn Menschen, die anders handeln, Unmenschlichkeit vorzuwerfen. Wer gerne wie "Mutter Theresa" sein möchte, der darf das selbstverständlich gerne, das ist sehr ehrenhaft. Aber niemand kann doch ernsthaft erwarten, dass alle Menschen so sein werden.
Auf der ganzen Welt sind die „Mutter Theresas“ sehr sehr dünn gesäht. In anderen Völkern ist Mitleid nicht sehr weit entwickelt. Da erlernen die Kinder völlig andere Dinge, als das man mit seinem Nächsten Mitleid haben muss. Da bekommen die Kinder andere Überlebensstrategien vermittelt. Gerade bei den Muslimen ist Mitleid nicht das am Besten ausgeprägte Gefühl.
Wenn es hart auf hart kommt, sind die wenigsten Menschen bereit, sich zurückzunehmen, so dass auch noch für einen anderen etwa übrig bleib. Da wird um den Platz im Rettungsboot gekämpft und notfalls auch Menschen über Bord geschmissen. Da wird das Mitleid völlig ausgeschaltet. Wie gesagt, der Überlebenswillen ist der größte Trieb des Menschen.
Dass es Menschen gibt, die für ihren Nachwuchs, für ihre unmittelbare Gemeinschaft ihr Leben geben, hat auch damit zu tun, dass auch die Genen zum Überlebenswillen dazu gehören. Man will dass seine Gene weiter leben. Deshalb sind auch in der Not (wenn es darum geht du oder ich) immer völlig Fremde außen vor. Das ist einfach eine Tatsache und nicht unmeschlich.
Wohlstand und Mitleid
Lassen wir einmal all die, die jetzt vor lauter Wohlstand so mitmenschlich sind, einmal in solche Situationen kommen, dann werden wir erleben, dass auch diese Leute an ihrem eigenem Überleben interessiert sind und sich genauso "fies" verhalten. Wenn einer kurz davor steht zu verhungern, dann fragt der nicht danach ob man Tiere jetzt essen oder nicht essen sollte?
Da teilt man dann auch nicht sein letztes Brot mit völlig Fremden und lässt die eigenen Verwandten verhungern. In der Not ist einem das Hemd immer näher als die Hose. Und das ist sogar völlig menschlich, weil das überall auf der Welt genau so ist. Jedem Volk auf der Erde sind seine eigenen Leute wichtiger als Fremde.
Wenn unser Wohlstand kippt, dann werden wir auch hier bei uns ganz andere Menschen kennen lernen. Da werden Verteilungskämpfe ausbrechen. Da wird das wahre Gesicht des Menschen zum Vorschein kommen.
Diese Phase der Geschichte die gerade zu Ende geht, die wird als die friedlichste je in Europa dagewesene Phase gesehen werden und nicht als die unmenschlichste.
Unsere Nachkommen werden über uns lachen, weil wir heute denken wir würden in einem so schrecklich, unmenschlichen Europa leben. Und weil man heute den Worten so viel Bedeutung beimisst. Dass man lieber die Meinungsfreiheit stark einschränkt, Hauptsache die bösen Worte werden nicht mehr veröffentlicht. Der Kampf um Worte – so unsinnig wie Ritter Don Quichotte's Kampf gegen die Windmühle.
Unsere Nachfahren werden sich eines fernen Tages bestimmt die Zeit zurück wünschen, in der man nur verbal kämpfte.