"Gruppen christlicher Fundamentalisten in Amerika sind älter, besser organisiert und einflussreicher als die Taliban es jemals werden könnten", sagt die Literaturwissenschaftlerin Jasamin Ulfat-Seddiqzai. Ihre Moralvorstellungen stünden der Taliban nicht nach.
Es sind nicht immer nur die Taliban, die mit frauenfeindlichem Extremismus aufwarten. Wenn irgendwo auf der Welt Frauenrechte beschnitten werden, wird schnell ein Begriff bemüht: "Taliban"
Frauenrechte sind weltweit unter Druck. Diese Entwicklung ist keine Überraschung. Dass die Taliban sich in Sachen Frauenrechte liberalisiert hätten, haben nur wenige geglaubt. Aber sie sind kein Einzelfall. Überall auf der Welt werden Frauenrechte beschnitten.
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So stieg die Türkei aus der sogenannten Istanbul-Konvention aus, die den Schutz von Frauen garantieren soll. In der Ukraine häufen sich Berichte über gezielte Gruppenvergewaltigungen. Und in den USA steht wohl die Abschaffung des Bundesrechts auf Schwangerschaftsabbruch durch den Obersten Gerichtshof bevor.
In Texas, der seine ohnehin strengen Abtreibungsgesetze letztes Jahr noch verschärfte, diskutiert man mittlerweile offen darüber, bei illegalen Abtreibungen die Todesstrafe zu verhängen.
Wenn irgendwo auf der Welt etwas Frauenfeindliches beschlossen wird, nutzt man die Taliban als Referenzgröße, aber es sind auch die „Texas Taliban“ und die "Katholiban".
Islamistischer Fundamentalismus wird als das „Original“ gelesen, während christlicher Fundamentalismus wie eine milde Kopie erscheint. Dabei sind die genauso radikal und dogmatisch.
Während sich die einen nach Jahrzehnten eines brutalen Krieges in einem völlig zerbombten und durch Bürgerkrieg verarmten Land gründeten, kommen die Radikalen in den USA aus einer reichen und gebildeten Gesellschaft. Dennoch vertreten sie Moralvorstellungen, die denen der Taliban nicht nachstehen.
Die radikal-christlichen Duggar-Familie hat zur Verniedlichung dieser Dogmen einer beliebte TV-Serie gestartet, die als harmlose Familienunterhaltung gilt. Das Duggar-Ehepaar hat 20 Kinder, hält Verhütung für Sünde und glaubt, dass Frauen ihren Ehemännern bedingungslos gehorchen müssen.
Während man dem Fundamentalismus in Afghanistan mit Bildung und Wohlstand begegnen kann, ist die christliche Rechte im Wohlstand entstanden und hat Einfluss auf die höchsten Ränge. Vielleicht sind es also nicht die Taliban, die als extremistischer Standard herhalten sollten.