Ich habe zur Causa Hypo eine Frage an jene Politiker, die den Hypo-Schaden immer und immer wieder kleinreden – insbesondere an die verschiedenen Finanzminister der letzten Jahre: Haben Sie als einzige WIRKLICH geglaubt, dass die kläglichen Reste der Hypo Alpe Adria noch Milliarden bringen? Oder haben Sie es behauptet, um potentielle Käufer einerseits (und die zahlende österreichische Bevölkerung andererseits) im Unklaren über das Ausmaß des Debakels zu lassen?
Der Anlass für die Frage: Soeben platzte der Verkauf der Osteuropa-Töchter der ehemaligen Hypo Alpe Adria. Der Verkaufsprozess wird nun neu aufgesetzt, heißt es – das wird mehrere Wochen dauern. Dabei werden die maroden Überreste der Hypo Alpe Adria stündlich weniger Wert. Heißt: Wir verlieren stündlich Geld.
Das ist nicht unerwartet, aber bitter. Denn der Verkauf der Südosteuropa-Töchter spielt im Hypo-Drama eine bedeutende Rolle: JEDES Mal, wenn man in den letzten Jahren einen Politiker auf den 10 bis 20-Milliarden-Schaden für die Bevölkerung ansprach, kam die Antwort: „Übertreiben Sie nicht so maßlos.“ Der Schaden sei bei weitem nicht so hoch. Die Bank habe ja wertvolle Assets – in den Südosteuropa-Töchtern.
Und so entwickelte sich dieser Rettungsanker bisher:
2012 versprach uns die Politik einen Verkaufspreis von 1,5 Milliarden Euro. (Das war, als wir noch nicht wussten, dass selbst viele der NICHT faulen Kredite am Balkan nur mit Äckern und Scheinfabriken besichert waren. Weil sich niemand die Mühe gemacht hatte, nachzusehen.)
Im Sommer 2013 schätzten Bundeskanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger beide und unabhängig voneinander im PULS 4-Sommergespräch, der Gesamt-Schaden werde vier Milliarden nicht übersteigen. Weil ja noch so viel Geld aus den Südosteuropa-Töchter erlöst werde. Das sei ja alles noch was wert.
Im Frühjahr 2014 – nach der Entscheidung, den Steuerzahlern den Hypo-Schaden im Ausmaß von 17 Milliarden Euro so gut wie komplett umzuhängen – versprach der damalige Finanzminister Spindelegger noch um die 800 Millionen Verkaufserlös für die Südosteuropa-Töchter. (Es war ein denkwürdiger Moment in diesem Pressegespräch im Bundeskanzleramt: Jemand lachte laut. Einige schnaubten ungläubig durch die Nase. Andreas Lampl, Chefredakteur des Trend, fuhr den Vizekanzler an wie sonst nur einen Redakteur, der nach Redaktionsschluss ohne Text dasteht und verspricht, das werde sch in zehn Minuten ausgehen.)
Im Herbst 2014 verhandelte die Republik mit dem US-Fonds Advent und der EBRD ein Verkaufspaket aus. Von 800 Millionen Erlös war keine Rede mehr. Der Deal sah zuletzt so aus: Die Republik – also wir – nehmen 3,5 Milliarden faule Kredite AUS der Bank, lassen aber 2,2 Milliarden Euro, die wir als Refinanzierung reingepumpt hatten, bis 2020 IN der Bank. Als wäre das nicht genug, übernimmt der Steuerzahler so viele Garantien, dass sich der Kaufpreis von 200 Millionen in Wahrheit in einen „negativen Kaufpreis“ von 500 bis 800 Millionen verwandelt. Wir wollten also auch noch Geld drauflegen.
Die Frist, um diesen Vertrag zu unterschreiben, lief am Donnerstag um 23.59 aus. Niemand unterschrieb. Seither verlieren wir stündlich weiter Geld – denn der Preis der Südosteuropa-Töchter wird jetzt nicht gerade steigen.
Die Abwicklung der Hypo Alpe Adria hat bisher schon 8,3 Milliarden gekostet. Meine Prognose: Der Maximalschaden für die österreichische Bevölkerung wird eintreten, und er wird sogar die im Frühjahr angegebene Obergrenze von 17 Milliarden Euro übersteigen. Als Optimistin hoffe ich, dass ich falsch liege – auch wenn diese Hoffnung in den letzten Jahre bei jedem einzelnen Schritt des Hypo-Dramas enttäuscht wurde. Ich bin jedenfalls neugierig, wer jetzt noch antwortet: „Übertreiben Sie nicht so maßlos.“