Eine der unappetitlicheren Folgen der Wahl zum Bundespräsidenten betrifft die schon vor dem zweiten Wahlgang von der FPÖ losgetretene Diskussion um Verdachtsmomente bezüglich Verfälschungen des Wahlergebnisses bei der Briefwahl. Jüngst wurde bei der Pressekonferenz von Herrn Hofer dann seitens Strache noch einmal nachgelegt, und unter Anspielung auf viele von Wählern an die FPÖ berichteten Fälle (Verwirrung rund um die tatsächlich eingegangene Zahl der Wahlkarten, Wahlkarte angeblich nicht beantragbar, da bereits ausgestellt, das Kippen von FPÖ-Mehrheiten schon bei der Wienwahl durch diametral zum Urnengang ausfallende Ergebnisse der Wahlkarten,..) festgestellt, dass diese geprüft würden und falls "Fleisch am Knochen" sei, auch Einspruch gegen das Wahlergebnis erhoben werde.
Nun wird es vermutlich in jedem politischen System bei einer Wahl mit hohem Polarierungsgrad Vorwürfe des Unterlegenen bezüglich Verfälschung des Wahlergebnisses geben. Diesen Vorwürfen kann man seitens der verantwortlichen Organe der Republik nur durch maximale Transparenz des Wahlvorganges, Einhaltung aller relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen sowie korrekte Präsentation der Ergebnisse entgegengetreten werden. Bei der aktuellen Wahl sorgte das Onlinegehen von Demodaten auf der Wahlergebnis-Seite des Innenministeriums am Sonntag für Aufregung, auch die publik gemachten Zahlen bezüglich eingetroffener/gültiger Wahlkartenstimmen scheinen nicht 100% korrekt gewesen zu sein. Und dadurch befeuert man die Mythenbildung zum Thema Wahlfälschung.
Und lässt dadurch auch eine tatsächlich fragwürdige rechtliche Konstellation untergehen: Im Wahlregister sind in Österreich auch 50.000 Wähler erfasst, welche aus körperlichen oder geistigen Gründe nicht zur selbstständigen Ausübung ihrer Rechte befugt sind, sondern einen rechtlichen Vertreter vom zuständigen Gericht zugewiesen bekommen. Sie dürfen zwar nicht per Briefwahl wählen, können jedoch ihre Stimme bei Erscheinen mit dem rechtlichen Vertreter im Wahllokal abgeben (hierzu ein äußerst interessanter Artikel http://derstandard.at/1285200416927/Thema-Waehlen-Abgetretenes-Wahlrecht). Dieser Vertreter kann den Sachbewalteten bei der Abgabe seiner Stimmentscheidung im Wahllokal unterstützen.
Seitens des Verbandes der Sachwalter wird die aktuelle Regelung massiv in Frage gestellt, da bei schweren Beeinträchtigungen sowohl das Erfassens des Sachverhalts (hier zB Bundespräsidentenwahl), als auch die Fähigkeit zur individuellen Entscheidungsfindung bezüglich eines Kandidaten kritisch in Frage gestellt wird.
Angesichts der nicht unerheblichen Größe des betroffenen Wählerkreises würde man sich vermutlich auch im Innenministerium etwas Gutes tun, wenn man die tatsächlich abgegebene Anzahl an Stimmen aus diesem Segment publik machen würde – bevor noch weitere Mythen und Verschwörungstheorien aufgeblasen werden. Und vielleicht könnte man sich auch seitens der Gesetzgebung überlegen, wie es sein kann, dass jemand, der als nicht geschäftsfähig klassifiziert wird, trotzdem Wahlentscheidungen unter Aufsicht/"Unterstützung" seines Begleiters abgeben kann.
Es würde unserem demokratischen System guttun, wenn diese Situation geklärt würde.
shutterstock/Alexandru Nika