Die Bilder, welche gestern aus den Zentralen der Regierungsparteien an die Öffentlichkeit gelangten, waren symptomatisch – auf der einen Seite die SPÖ, wo annähernd kein bekannter Funktionär bei der Verkündung der ersten Hochrechnung anwesend war. Auf der anderen Seite die ÖVP, wo bei der Nachricht vom extrem schlechten Abschneiden des nunmehr "elder statesman" Andreas Khol nicht einmal mehr gute Miene zum bösen Spiel gemacht wurde, und sogar der für die anwesenden Medienvertreter zu inszenierende Jubel ausfiel.
Und eines ist klar: Die beiden ehemaligen Großparteien haben ein Problem mit dem Ausgang der gestrigen ersten Runde der Wahl zum Bundespräsidenten, und sie haben natürlich auch ein Problem mit den von ihnen nominierten Kandidaten. Denn deren Nichtperformance bringt der Regierungsmannschaft Gegenwind in den eigenen Reihen und Personaldiskussionen - nichts was man als Berufspolitiker gerne hat.
Denn eines ist klar, sowohl auf der schwarzen als auch auf der roten Seite geht es vor allem darum, dass das eigene Hemd näher ist als der fremde Rock. Wer erlebt hat, wie Hr. Pröll in St.Pölten seine Wunschkandidatin Ex-Innenministerin ML kurzfristig und in der heißesten Phase des Wahlkampfs ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten der Bundespolitik/Andreas Khol in die niederösterreichische Landespolitik entführt hat(und uns im Gegenzug den mit der Veranlagung der niederösterreichischen Wohnbaumittel zu zweifelhaftem Ruhm gelangten Hrn. Sobotka als Innenminister überließ - Danaer Geschenk ist wohl der treffende Terminus technicus für diesen Vorgang), der weiß das es hier schlicht um Machterhalt und Ausleben des eigenen Polit-Egos geht. Wer die heutige Video-Stellungnahme des Hrn. Pröll(staatstragend vor drei Flaggen) gesehen hat, und dessen Faymann-Bashing, der weiß jetzt wie Giganten aussehen, wenn sie ihre Haltbarkeitszeit überschritten haben.
Das einzig tröstliche für Vizekanzler Mitterlehner ist wohl, dass selbst hartgesottene Freunde des jungenhaften Außenministers Kurz nicht wirklich überzeugt sind von dessen parteiinternen Managementfähigkeiten.
Die SPÖ-Regierungsmitglieder inklusive Kanzler wiederum haben sich bereits im Laufe der letzten zwei Wochen von ihren Gremien "schriftlich" geben lassen, dass es ja zu keiner Personaldiskussion kommen wird. Zu diesem Zeitpunkt war wohl schon klar, dass das Wegloben des Hrn. Hundsdorfer in den Bundespräsidentenwahlkampf zwar ein genialer Schachzug des Hrn. Faymann zur Beseitigung eines regierungsinternen Konkurrenten war, allerdings mit durchaus maximalen Politschaden für die SPÖ.
Das angesichts der immer schlechter werdenden Umfragewerte der Kandidaten der Großparteien in den letzten 7 Tagen ein quasi Wettlauf rund um Schlagzeilen von umgesetzten/angestossenen Maßnahmen der Regierung einsetzte(neue Polizisten, mehr Geld für Verteidigung, Bildung und Innenressort, Finanzausgleich, Einigung auf Verschärfungen(??) bei der Mindestsicherung...) ist wohl bezeichnend für die "wie pflanzen wir unsere Wähler regelmässig"-Masche dieser von der Welt der Normalbürger maximal abgehobenen Damen und Herren. Denn warum man in den letzten Jahren und zuletzt auch rund um die Flüchtlingskrise dem Bundesheer notwendige Mittel nicht zur Verfügung stellen konnte, und jetzt auf einmal schon, ist zu hinterfragen - und hier stellt sich schon auch die Frage nach der Haftbarkeit von Politikern für ihre (in diesen Kontexten) oft grob fahrlässigen parteitaktisch motivierten Spielereien.
Das für die Partei-Obleute alle anderen schuld sind(die Meinungsforscher, die Wähler die nichts verstanden haben,...), und als Lösung wieder nur stereotypisch das "Schnüren von Paketen","Anbieten von Lösungen" aus ihren Mündern kommt ist so wenig überraschend wie erschreckend - diesen Menschen haben wir die Verantwortung über unseres Landes übertragen??
Das beide Regierungsparteien nichts von Neuwahlen wissen wollen ist klar - aktuell würden sie wohl beide nur mehr Juniorpartner einer dominanten FPÖ werden. So werden die aktuellen Regierungsmitglieder krampfhaft versuchen, ihre Gremien von der Sinnhaftigkeit eines Aufrechterhaltens dieser Regierungs-Schimäre zu überzeugen. Dies obwohl ausländische Medienvertreter bereits von einem "Erdbeben" sprechen, und davon das in der österreichischen Politikszenerie "kein Stein mehr auf dem anderen bleiben würde".
Für uns, die Wähler ist es existentiell wichtig, dass der Gestaltungsstillstand der die letzten 5-10 Jahre herrscht nicht mehr wie gewohnt fortgeschrieben wird. Es geht darum eine politische Repräsentanz zu etablieren, die die aktuellen Probleme kompetent und sozial verträglich angeht(und dem Wähler nicht z.B. bei einer "Pensionsreform" eine im Kleingedruckten versteckte Reduktion der Durchschnittspensionen um bis zu 25-30% unterjubeln will).
Es bleibt zu hoffen, dass die intellektuelleren Parteigänger und Gremialmitglieder mit Gewicht erkennen, dass sie den Stillstand ihrer Regierungsmitglieder beenden müssen - und dies wird wohl nur durch den Austausch von Personen erreichen. Ansonsten kann es sein, dass die aktuellen Regierungsmitglieder zwar ihre Jobs(& Pensionen) bis zur nächsten turnusmässigen Neuwahl zum Nationalratswahl 2018 behalten - ihre Parteien dann aber auf Kleinstparteienniveau schrumpfen werden. Maximaler Individualgewinn also gegen Verluste für die Gesinnungsgemeinschaft der man angehört.
Vor dem Hintergrund des nahenden 1.Mai und der stattfindenden Aufmärsche der SPÖ und ihrer Umfeldorganisationen hat Fr. Brigitte Ederer jedoch gestern schon davon gesprochen, dass es Änderungen geben müsse, sonst könnten diesen Aufmärsche auch zu Demonstrationen gegen Kanzler und Regierung werden.
Es bleibt zu hoffen, dass die Zeichen der Zeit erkannt werden.