"Das Fehlen einer ordnenden Hand" - Studie über Management der Flüchtlingskrise 2015

Das die österreichische Administration in der Bewältigung des Flüchtlingsstroms 2015 beträchtliche und erschreckende Probleme hatte, dass war jedem kritischen Beobachter klar.

Fehlendes Management, heillose überforderte Strukturen die nicht miteinander kommunizierten, Exekutive und Bundesheer zum Teil in sonderbarsten Konkurrenzsituationen aber ohne notwendige Ausrüstung. Bis zum Schluss hatte die Organisation des Krisenmanagements keinen offiziellen Sprecher, kein Gesicht in die Öffentlichkeit - entsprechend groß auch die Verunsicherung der Bürger, die über ORF die Ströme von Flüchtlinge über die Grenzen und durch Österreich marschieren sahen.

Jetzt gibt es die erste formale Studie über das österreichische Krisenmanagement 2015 - erstellt von Prof. Dr. Wolfgang Gratz. Basierend auf 39 Interviews mit ExpertInnen und drei Kurz-Workshops versucht der Autor eine Analyse der Frage "Was ist hier falsch gelaufen?"

Das Ergebnis seiner Interviews(unter anderem mit Hrn. Kern/damals ÖBB, Hr. Doszokil/damals Landespolizeidirektor Burgenland) ist, dass es im wesentlichen drei Elemente sind, die zum Chaos geführt haben.

Erstens: Der Versuch der Politik, bekannte Fakten über zu erwartende Flüchtlingsströme einfach zu verdrängen - Motto "Was ich nicht weiß, dass macht mich nicht heiß", bzw. "Wenn ich nicht daran denke, dann passiert es vielleicht auch nicht". So hat einer der Interviewten angegeben, als Ministerialbeamter seinen Minister auf die zu erwartenden Flüchtlingszahlen hingewiesen zu haben - Ergebnis: die Rückmeldung des Ministers an den Beamten: "Du hast mir damit den Tag versaut".

Zweitens: Gänzliches Fehlen einer übergeordneten ordnenden Management-Kapazität. Sowohl Kern als auch Doszokil haben in den Interviews angegeben, dass sie keinerlei Unterstützung hinsichtlich der Organisation der Flüchtlingskrise von übergeordneten Stellen erhalten haben. Zitat Kern "es war keine ordnende Hand zu spüren".

Drittens: Ein absolutes Chaos an miteinander nicht/schlecht kommunizierenden Stellen aus Bund, Ländern und Gemeinden. Wie in vielen Dingen in Österreich, hat sich auch in der Flüchtlingskrise gezeigt, dass der aufgeblähte Apparat unserer föderalistisch ausgerichteten Republik den Anforderungen an eine schlanke effiziente Verwaltung schon lange nicht mehr gerecht wird. Ineffizienz, Mehrfachausführung und keine Lösungen waren das Ergebnis.

Die Studie an sich ist schon dramatisch/tragisch in ihren Aussagen. Wenn der Autor allerdings festhält, dass sich bis heute keine Verbesserung der Strukturen und Abläufe ergeben hat, dann ist das zum Fürchten.

Interview zum Nachlesen: http://kurier.at/chronik/oesterreich/durchwursteln-in-der-fluechtlingskrise/204.474.355

Website Autor: http://www.wolfgang-gratz.at/

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