Manche Dinge kommen aus dem Nichts, um dann für eine gewisse Zeit massive mediale und soziale Präsenz zu erlangen. Die Freeman-Bewegung ist ein solches Thema. KURIER und VICE Alps(sorry, Ihr habt den ersten österreichischen Freeman nicht auf seinem Schloss besucht, das gehört schon seiner Bekannten) berichteten in den letzten Wochen umfangreich, und auch in meinem Bekanntenkreis gab es erste Rückmeldungen, das das doch eine tolle Alternative zum "Sklavenleben im System" darstellen würde.
Was repräsentiert diese Bewegung nun eigentlich für ein Gedankengut? Die ersten Freemen traten schon in den 60er Jahren in den USA auf, wo sie auf kleinen Territorien vom Staat autarke "eigenverwaltete Zonen" errichteten - die frühen Freemen waren zumeist christlich, konservativ und sehr religiös.
Wesentliches Grundprinzip der Freeman-Bewegung ist, dass die behördliche Identität jedes Menschen eigentlich nur zum Aufrechterhalten der Vorherrschaft des Nationalstaats über das Individuum dient - in Konsequenz entscheiden sich die Mitglieder der Freeman-Bewegung für ein "selbstbestimmtes Austreten" aus dem System(siehe dazu z.B. die eidesstattliche Erklärung des ersten österreichischen Freeman https://freemanaustria.files.wordpress.com/2014/01/erklc3a4rung-22freier-bewohner22-johannes-ewald-kreic39fl-wiki.pdf) - was dann in Konsequenz(denn ab diesem Zeitpunkt empfindet der selbsternannte Freeman/woman ja, dass er/sie losgelöst von den existierenden Systemen sein Leben führen möchte, und das für ihn Steuern, Sozialversicherung oder ähnlich gelagerte Verbindlichkeiten nicht existieren) relativ automatisch zu Konflikten mit staatlichen Autoritäten führt.
Die Freeman-Bewegung ist in Österreich vor allem durch den Polizeieinsatz bei einem von den Freeman anberaumten "Verfahren nach Naturrecht" gegen eine gerichtlich eingesetzte Sachwalterin eines Mitglieds bekannt geworden. Interessant ist dabei auch die Position des "ersten österreichischen Freemans, wonach nur er, aber nicht seine Anhänger Freeman sein können.
Versucht man sich in den publizierten Inhalte auf diversen Websites einzulesen, muß man feststellen, dass hier sehr viel geschrieben wird - und das die Inhalte für den Außenstehenden oft nur sehr schwer verständlich, nachvollziehbar, bzw. verifizierbar sind.
Problematisch ist sicher das Auf- und Eintreten für Personen des rechten Spektrums(weil man angeblich nicht wußte, wofür diese stehen - siehe dazu auch http://derstandard.at/2000019919452/Brauntoene-im-Bioteig).
Generell tut man sich als Freeman schwer mit der Verurteilung rechter Argumentationen, wie auch das Interview in VICE zeigt. Auf die Frage, ob für ihn der Holocaust unleugbar sei, erwidert der Freeman nach wiederholtem Nachfragen ausweichend, und dass "er ja nicht dabei gewesen sei, und in Konsequenz er es auch nicht glaube). Auch diverse Weltverschwörungstheorien (Bilderberger, Rothschild...) sind augenscheinlich Teil der Weltanschauung. Organisationen wie den Reichsbürgern, OPPT(One People´s Public Trust) oder den Souveränen steht man positiv gegenüber.
Gegen Kritik ist man dadurch gewappnet, dass man die Meinung vertritt, dass alles Negative eigentlich nicht zugelassen werden sollte, sondern in eine Schachtel gesperrt gehören würde.
Wie finanziert sich nun ein system-ausgetretener Freeman sein Leben? Durch Vorträge und Spenden, wie sonst.
Die offizielle Beurteilung des Freeman-Gedankenguts ist differenziert: Es wäre zu einfach, wenn man die Freeman-Bewegung einfach in die rechte Ecke stellen würde. Die von der Bewegung grundsätzlich vertretenen Werte würden im aktuellen Klima einfach viele Menschen ansprechen, weil sie für komplexe Themen einfachste Lösungen propagieren würden.
Alles in allem scheint der mediale Hype rund um das Thema Freeman in Österreich im Wesentlichen den verkäuferischen Talenten des Hauptakteurs geschuldet.
Allen Interessierten sei geraten, sich gründlich zu informieren, welchen Weg man hier einschlägt, wenn man sich dieser Weltanschauung verschreibt.