Direkte Demokratie vs. Rechtspopulismus: Ein Sieg des Schweizer Wahlbürgers.

In einer Zeit, in der regierende Parteien quer durch Europa ängstlich auf ihre rechts-außen Konkurrenten und deren im Aufsteigen befindliche Beliebtheit neidisch reflektieren, passierte in der oft belächelten Schweiz etwas Erstaunliches.

Am heutigen Tage waren die Schweizer Wahlbürger aufgerufen, über eine "Durchsetzungsinitiative" der rechts-konservativen Schweizer Volkspartei abzustimmen. Diese wollte, obwohl schon einschlägige Gesetze zu diesem Thema verabschiedet wurden, eine Verschärfung der Abschiebe-Möglichkeiten für straffällig gewordene Ausländer in der Schweiz erreichen. Die Abschiebung im Falle einer Verurteilung schon bei kleineren Delikten sollte automatisiert und richterliche Ermessungsspielräume ausgeschaltet werden, die Härtefallklausel sollte ebenfalls fallen.

Betroffen wären neben ausländischen Staatsbürgern auch bereits in der Schweiz geborene und lebende Nachkommen von Einwanderern, welche jedoch nicht die Staatsbürgerschaft besitzen.

Wenn man nun angesichts des im deutschsprachigen Europa herrschenden Klimas einen klaren Entscheid für diese Initiative erwartet hatte, so hatte man die demokratische Reife der Schweizer Wahlbürger wohl doch sehr unterschätzt.

Sie haben der SVP und ihrer Iniative eine klare Absage erteilt, die Argumentation gegen die Verschärfung war in ihrer Aussage klar: Kein Schweizer kann einer Aushebelung demokratischer Prozesse und Grundrechte zustimmen. Die bereits 2010 beschlossenen Abschieberegelungen für verurteilte Schwerverbrecher würden für die schweizer Realität mehr als ausreichend sein. Kriminaltouristen würden sich darum sowieso nicht scheren, weil sie halt wieder illegal einreisen würden.

Und - die von der Schweizer Volksparteil eingebrachte Initiative sei eine "Scheinlösung mit gravierenden Nebenwirkungen".

Wir belächeln unsere Schweizer Nachbarn gerne ob ihrer manchmal rustikal wirkenden Bräuche und Regelungen. Auch das Hochhalten von Bürgerrechten, und der patriotische Stolz auf das "Bürgersein" und Bürgerrechte ausüben dürfen, wird nicht zu selten als antiquiert und nicht mehr zeitgemäß angesehen.

Nun, mit dem heutigen Tag ist augenscheinlich der Gegenbeweis gegen unsere "Realität" erbracht. Nein, es muss definitiv nicht so sein, dass politische Repräsentanten alle 6 Jahre gewählt werden, und dann tun und lassen können was sie wollen. Nein, das Volk ist(wenn man es schon in der Schulzeit darauf vorbereitet, und auch regelmässig darin üben lässt) in der Lage auch komplexe politische Sachverhalte zu beurteilen und darüber abzustimmen. Im konkreten Schweizer Beispiel haben die Gegner der Durchsetzungsinitiative Geld gesammelt, und eine Gegenkampagne zur SVP gestartet. Beide Seiten, SVP und Gegner haben wie es in der Schweiz üblich ist, die Wahlbürger umfassend über ihre Sicht der Dinge informiert, und diesen ein Argumentarium zur Abstimmung geliefert(undenkbar in der österreichischen Realität: dem Volk entscheidungsrelevante Daten und Fakten in die Hand geben? No way!)

Wäre ich ein Schweizer Wahlbürger, dann wäre ich heute stolz auf mich, meine Mitbürger und das demokratische System der Schweiz. Es hat bewiesen, dass auch in Zeiten wo alle in eine Richtung gehen, man durch bewusstes Nachdenken und Entscheiden Rechtspopulismus stoppen kann.

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