Der Sachverhalt ist bekannt, und extrem tragisch. Eine 54jährige Reinigungskraft wurde nachts am Brunnenmarkt von einem amtsbekannten 21jährigen Kenianer mit einer Eisenstange zu Tode geprügelt. Soweit so schlecht. Was nun im Laufe dieser Woche ans Tageslicht kommt, muß allerdings sogar hartgesottene gelernte Österreicher am System der Strafverfolgung verzweifeln lassen.
Denn nicht nur ist Francis N. illegal in Österreich anwesend, nein, es gibt sogar einen Abschiebe-Bescheid - leider wurde er jedoch wegen "logistischer Probleme" nicht exekutiert. Francis N. war seit längerem als Obdachloser im Bereich des Brunnenmarktes anwesend, und den Standlern, Wirten und auch regelmäßigen Kunden dort bekannt (siehe diverse TV-Interviews). Alle Interviewten gaben an, seinen doch labilen Geisteszustand vergegenwärtigt zu haben. Das muß dann wohl auch im Bereich der Exekutive und Justiz so sein - denn schlussendlich gab es ja mehrere Anzeigen wegen Gewalt und Sachbeschädigung. Und da ist niemand innerhalb der beiden Strukturen Polizei/Staatsanwaltschaft auf die Idee gekommen, diesen Mann psychologisch/psychiatrisch untersuchen zu lassen? Keiner kam auf die Idee ihn strukturell zu betreuen, und von der Straße zu holen(wenn man schon nicht Abschiebebescheide ausführen möchte?)?
Dass dieser Mensch eine tickende Zeitbombe war, haben sicher einige Dutzende Menschen in Wien gewusst - niemand hat etwas unternommen. Man hat den Fall "administriert", vielleicht auch zwischen den verschiedenen Abteilungen hin und her verwiesen. Keiner hat sich gefunden, der das Drohpotential erkannt hat - und wenn man es erkannt hat, dann hat man bewusst Leben und Gesundheit der Mitmenschen von Francis N. in Kauf genommen.
Francis N. ist, wenn die These von seiner psychischen Beeinträchtigung stimmt, aber auch das Opfer eines Systems des Wegschauens und Duldens und Dahinvegetieren lassens. Man kann sich in diesem Fall nicht darauf berufen, dass hier das animalische böse Fremde zugeschlagen hat - die verantwortlichen Stellen haben seit geraumer Zeit Zeichen und Hinweise auf seine Gefährlichkeit aufliegen gehabt.
Warum jemand wie Francis N. nicht schon seit der ersten Straftat entweder nicht mehr in Österreich war (was seine individuellen gesundheitlichen Probleme auch nicht gelöst hätte), oder aber in psychiatrischer Betreuung in einer Umgebung, die seine Mitmenschen vor ihm geschützt hätte, das kann wohl niemand sagen. Warum man einen ortsbekannten agressiven Obdachlosen nicht in einer betreuten Wohnstelle untergebracht hat, hat vermutlich auch nur budgetäre/strukturelle Gründe.
Nur die Verantwortlichen in Stadt, Polizei und Staatsanwaltschaft, könnten Licht in diese Angelegenheit bringen. Es spricht für die Transparenz des österreichischen Systems, dass sich alle Beteiligten in beredtes Schweigen hüllen. Ein Mensch ist tot, sinnlos und aufgrund des Versagens unseres Systems. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass es noch mehr tickende Zeitbomben wie Francis N. gibt, die auch unbetreut vor sich hinleben und irgendwann explodieren. Wollen wir das?