Knapp 100 Tage nach Amtsantritt beginnt unser Bundeskanzler zu zeigen, wie er sich den "New Deal" vorstellt. Mit einer kurzen Begründung, dass es ja "rechtlich nicht verpflichtend" sei, nach dem Ministerrat einen Pressefoyer abzuhalten, wurde dieser knapp 45 Jahre nach Einführung durch Bruno Kreisky nun abgeschafft. So weit, so schlecht - denn anders als sein Vorgänger Werner Faymann weiß unser neuer Bundeskanzler Christian Kern über die Macht der social media Bescheid - ab sofort wird es Facebook-updates nach dem Minsterrat geben, und einen Kanzler-Blog(!). Damit schafft man sich viel Ärger über lästige Journalistenfragen vom Hals, und man muß auch das Schmierenstück von der glücklichen und fleißigen Koalitionsregierung nicht mehr länger vor laufenden Kameras spielen - was zuletzt ohnehin ja nur mehr sehr schwer aufrechtzuerhalten war.

Für Österreich und seine Bürger bedeutet es einen weiteren Rückschritt in einer ohnehin durchwachsenen demokratischen Alltagssituation. Noch mehr als ohnehin schon unter Faymann wird die Regierung jetzt ihre virtuellen Kommunikationskanäle nutzen, um ihre Sicht der Dinge zu kommunizieren. Noch stärker wird es zwei Realitäten geben - die des Bürgers im Alltag, und jene der Politiker, die sich diese zurechtschneidern, um Wählergruppen anzusprechen.

Wenn wir jemals einen Beweis für die Endzeitstimmung in dieser Regierung gebraucht haben - hier ist er. Eine Koalitionsregierung, welche sich den klassischen Medienvertretern verweigert, erklärt damit ihren inhaltlichen und ethischen Bankrott. Die nun kommunizierte Abschaffung des Pressefoyers und im Gegenzug die Einrichtung virtueller social-media-Kanäle ist einer Diktatur oder Ein-Personen-Politik à la Putin würdig, aber sicher nicht der Republik Österreich.

Für die zwei schwächsten Parteien an der Spitze bringt die Lösung Erleichterungen - ihre Unfähigkeit zur inhaltlichen Neuausrichtung und zur Konzeption und Umsetzung tatsächlicher Reformen wird kaschiert. Solange bis es einen der beiden Regierungspartner (vermutlich am ehesten die ÖVP) inhaltlich in inneren Konflikten zerreißt - mit dem Resultat Neuwahlen.

Übrig bleibt als Verlierer der Wähler - er bekommt in Zukunft noch mehr Hochglanzfotos und geschönte Nachrichten.

SPÖ Presse und Kommunikation https://www.flickr.com/photos/sozialdemokratie/26977868012/ –– https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Christian_Kern_2016_(portrait).jpg