Von der Unmöglichkeit österreichischen Schülern Mathematik beizubringen

Es gibt Tage, da ist man als Vater einfach nur glücklich - bei Beginn der Zentralmatura 2016 war solch ein Tag, denn meine drei Kinder haben, Gott sei Dank, bereits ihre Schullaufbahnen abgeschlossen.

Ich habe dann im Laufe dieser Matura-Woche auf ORF einen Beitrag über die in Wien abgelaufene Zentralmatura in Mathematik gesehen, und mir wurde leicht schwindelig. Da war die Rede von Durchfallquoten von 50% der zur schriftlichen Reifeprüfung angetretenen Schüler – mit dem lapidarem Zusatz, dass die Betroffenen sich die negative Note ja mit der Zusatzprüfung im Juni ausbessern könnten. Wenn man dann noch einen interviewten Schuldirektor sagen hört, dass seine Schüler Probleme mit der Erfassung der Textaufgaben gehabt hätten, dann bekommt man eine schwere Migräne.

Ich kenne aus eigener Anschauung Schulen, bei welchen der Probedurchlauf für die heurige Mathematik-Matura mit einer negativen Beurteilung der gesamten Maturaklasse endete. Es ist für mich absolut nicht verständlich, warum es in Österreich augenscheinlich nicht möglich sein sollte, Schüler in vier Jahren Unterstufe und 4-5 Jahren Oberstufe auf die positive Absolvierung einer schriftliche Reifeprüfung aus Mathematik vorzubereiten - und wir sprechen hier nicht von (wie zu meiner Schulzeit vor ca 25-30 Jahren) zwei bis drei Kandidaten, welche die Prüfung nicht schaffen, sondern von einer Situation, wo die Masse der Schüler sich nicht sicher und vorbereitet fühlt – vor dem Hintergrund, dass es im Laufe der letzten ein bis zwei Jahrzehnte sukzessiv zu einer Reduktion der Komplexität des vermittelten Lehrstoffes und auch zu einer dramatischen Veränderung der Form des Abprüfens gekommen ist, erscheint mir dieses Versagen unseres Schulsystems umso erbärmlicher.

Aber wahrscheinlich sollte schon das Setting der Zentralmatura mit auf den Schultyp zugeschnittenen Aufgaben, welche zentral erstellt und verteilt werden - jedoch dezentral in den Schulen bewertet, Anlass zur Sorge geben. Warum traut man sich nicht eine zentrale Erfassung und Bewertung der abgegebenen Aufgaben zu? Hat man Angst, dass die Aufgabe dieses letzte Rests an individueller Freiheit, die den Lehrenden bleibt, die Noten noch schlechter machen würde?

Was für einen Wert hat eine solche Zentralmatura auf den weiterführenden Universitäten und Fachhochschulen? Auch hier kenne ich aus meinem eigenen Bekanntenkreis genug Beispiele, die Beleg dafür sind, dass es gravierende Kompatibilitätsprobleme zwischen Absolventen von berufsbildenden höheren Schulen und bestimmten Universitäten(z.B. Mathematik TU/WU und HLW/Gewerbeschulen) gibt.

Wozu investiert unsere Republik(und wir als Steuerzahler) Milliarden in eines der teuersten Bildungssysteme Europas/weltweit, wenn die Ergebnisse dann bestenfalls "dritte Klasse Kreisliga" sind?

Vielleicht sollten wir uns einmal Experten aus Ländern einladen, in denen die Vermittlung mathematischer Kenntnisse nicht so ein Problem ist - wenn wir es schon selbst nicht auf die Reihe bringen. Vielleicht sollten wir uns auch Ratschläge holen von Ländern, die auch den Umstieg von Absolventen höherer Schulen auf Universtitäten professionell organisiert haben - es gibt sie, ja wirklich!

Vielleicht sollte der zuständige Minister und der Gesamtapparat seiner Beamten einfach einmal in die Gänge kommen, und nicht über Ideologien und wohlersessene Rechte streiten, sondern einfach nur ihren Job machen - die Jugend unseres Landes für die Zukunft und die Berufslaufbahn fit zu machen.

Denn schlussendlich sind es unsere jungen Menschen die die Leidtragenden dieser Entwicklung sind - sie werden sich mit Sicherheit bedanken, und nicht nur für unzulängliche Mathematik-Kenntnisse!

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baur peter

baur peter bewertete diesen Eintrag 18.05.2016 12:21:39

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 18.05.2016 11:24:06

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