Deutschland hat nun also den solidarischen Schritt zur Unterstützung Frankreichs im Kampf gegen den IS in Syrien gesetzt - ca 1.200 Soldaten werden die französischen Bemühungen um ein militärisches Zerschlagen der IS-Struktur unterstützen. Auch Russland hat mittlerweile Bodentruppen der Speznas-Sondereinheiten auf syrischem Boden aktiv - erst vor wenigen Tagen wurden auch schon die ersten Gefallenen in ihren Heimatstädten begraben. Amerikanische Sondereinheiten wiederum verstärken aktuell ihre Aktionen um syrische Rebellengruppen militärisch zu schulen. Das alles vor dem Hintergrund, dass klar ist, dass Frankreich angesichts der sehr intensiven Sicherheitsvorkehrungen im Inland und den bereits länger schwelenden Konflikten in Afrika militärisch an Kapazitätsgrenzen stösst.
Natürlich bemühten sich die deutschen Medien, der Bevölkerung ein Bild von sehr sicheren Einsätzen zu vermitteln. Die eingesetzten Aufklärungsflugzeuge würden in "großer Höhe" und damit "unerreichbar für Flugabwehrraketen" agieren. Das die Realität wohl nicht ganz so simpel und einfach sein wird, kann man aus den Bombardierung der IS-Stellungen durch die Luftwaffen unter anderem Jordaniens ableiten: Dabei wurde eine F-16 der jordanischen Luftwaffe abgeschossen, der Pilot wurde gefangengenommen und später bei lebendigem Leibe in einem Käfig verbrannt - die verstörenden Bilder gingen um die Welt und sandten Schockwellen aus.
Doch auch für die deutschen Truppen wird es klar um mehr gehen, als gefahrlose Überflüge vorzunehmen - und was die tatsächliche Bedrohung durch Flugabwehrlenkwaffen betrifft wird man wohl erst nach den Einsätzen klarer sehen. Zu erwarten ist daher, dass ohne große Ankündigungen wohl auch Spezialkräfte des KSK vor Ort sein werden, um bei eventuellen Abschüssen oder Abstürzen Piloten zu retten (wie es auch die russischen Spezialeinheiten letzte Woche mit ihren syrischen Verbündeten exerzierten, als sie den zweiten Piloten der abgeschossenen Kampfmaschine bargen). Das Risiko ist also vorhanden, und die Chance auf eine weitere Eskalation nicht zu unterschätzen.
Doch, was hat das mit uns zu tun?
Nicht so wenig - zumindestens wenn man die Website des Verteidigungsministeriums beobachtet. Am 21.9.2015 wurde hier verkündet, dass sich Österreich verstärkt an den internationalen Missionen in Mali(auch hier waren vorab französische Truppen eingesetzt um islamistische Gruppen zu stoppen) beteiligen werde. Vorab mit fünf Stabsoffizieren, in weiterer Folge aber auch mit Spezialeinsatzkräften für Aufklärungs- und Sicherungsaufgaben. Was das im Detail heißt ist relativ offen - Tatsache ist jedoch, dass der Tschad-Einsatz des österreichischen Sondereinsatzverbandes Jagdkommando(siehe zum Jagdkommando dazu auch: https://www.youtube.com/watch?v=RXLEAlzdVno) international sehr positives Echo auf Grund des robusten und professionellen Auftritts der eingesetzten Einheit gebracht hat. Nur eines ist auch klar - im Mali geht es sicher nicht darum, freundlich winkend und Zuckerl verteilend durchs Land zu fahren. Es gibt eine immanente Gefahr von Anschlägen und auch Bedrohung durch Minen - auch die französischen Truppen hatten in diesem Umfeld Verluste zu beklagen.
Aber auch die UNO-Mission im Libanon erscheint unter den geänderten Rahmenbedingungen nach den Pariser Anschläge als durchaus geeignete Ziele für Terroranschläge. Österreich ist hier mit Logistikkräften vertreten - frei nach der neuen Einsatzrichtlinie des unglücklichen Verteidigungsministers D., welcher das Bundesheer vor allem als uniformierten Sportverein oder im Zivilschutz gut aufgehoben sah. Das diese Einheiten weichere Ziele abgeben, als z.B. Kampfeinheiten wie das oben angesprochene Jagdkommando muss aber auch jedem Betrachter klar sein
Am Balkan ist Österreich aus gutem Grunde seit Jahren im Kosovo und in Bosnien vertreten - das diese Gebiete auf Grund der noch immer vorherrschenden Spannungen zwischen den lokalen Ethnien noch immer gefährliches Pflaster sind, konnte man in der Vergangenheit immer wieder beim Aufflackern von durchaus gewalttätigen(zum Teil mussten Einsatzreserven aus Österreich nachgezogen werden) Konflikten beobachten. Hinzu kommt, dass der Balkan in den letzten Monaten und Jahren eine steigende Bedeutung als Aufmarschgebiet der islamistischen Extremisten bekommen hat(https://www.youtube.com/watch?v=N5xoQKoJhx4). Es ist wohl nicht Zufall, dass das österreichische Jägerbataillon 25(Luftlandetruppe - neben dem Jagdkommando eine der wenigen Profi-Einheiten) 2014/15 als Gesamteinheit in den Kosovo verlegt wurde.
Österreich ist auf Grund seiner Größe und der bescheidenen Struktur seiner Streitkräfte sicher nicht mit der Bundesrepublik Deutschland zu vergleichen. Wir haben allerdings im Rahmen der Bemühungen um europaweite Strukturen und Synergien innerhalb der Streitkräfte eine klare Spezialisierung im Bereich Logistik, Gebirgskampf und Sonder- und Spezialeinsatzkräfte zugeordnet bekommen, zu der wir uns auch politisch commited haben.
Es muß uns auch klar sein, dass wir vielleicht nicht aktiv in eine Allianz gegen den IS eintreten(hoffentlich), aber auf Grund der geostrategischen Situation sich die Gefahren für die im Auslandseinsatz weilenden Soldaten doch substantiell erhöht hat. In unserem eigenen Interesse werden wir die Einsätze am Balkan nicht reduzieren - denn hier haben wir auch die Möglichkeit Kontrolle und Stabilität in unserer doch unmittelbaren Nachbarschaft sicherzustellen, und etwaige Fehlentwicklungen korrigieren zu können. Alle Bemühungen, den Extremisten des IS Aufmarschzonen zu entziehen werden langfristig Früchte tragen, und unsere und die Sicherheit unserer Nachbarländer erhöhen.
Wesentlich Teil der österreichischen Sicherheitsstrategie und der Frage nach unserem Beitrag zum Kampf gegen den Terror muss allerdings auch die Sicherung der staatlichen Integrität und der Grenzen Österreichs sein. Es hilft nichts, wenn wir die "Freiheit in Mali" verteidigen, dafür aber unsere Grenzen überrollt werden.
Der guten Form halber ist aber anzumerken, dass in der gegenwärtigen Situation nach den Anschlägen von Paris europaweit alle Sicherheits- und Militärkräfte höhere Budgets gefordert und auch bekommen haben. Alle? Nein, natürlich hat der österreichische Verwalter der Bundesheer-Armut erklärt, er brauche keine weiteren Budgetmittel für seine Truppen. Angesichts der Ausrüstungsdesaster(Zeltspitäler und Gulaschküchen verkauft, Transport der Truppe mittlerweile zum Teil nur mehr im angemieteten Bus,...) der österreichischen Armee eine Wortmeldung die nicht mehr mutig, sondern nur mehr als "tollkühn" bezeichnet werden. Sie war aber sogar für den österreichischen Nationalrat zu viel - alle(!) im Parlament vertretenen Parteien forderten vom Verteidigungsminister eine Neueinstufung der Gefährdungslage und entsprechende Budgetanpassungen.
Österreichs Rolle im Kampf gegen den Terrorismus sollte sich an der Sicherung des geopolitischen Nahbereichs orientieren - es kann uns nicht egal sein, was in den Ländern des Balkans vor sich geht. Missionen wie in Mali, die auf Grund der Ausrüstungsknappheit hart an der Grenze der Durchführbarkeit sind, sollten gut überdacht werden - denn wer in Österreich kann den beteiligten Soldaten für den Notfall die Garantie geben, dass man sie aus Mali auch wieder sicher nach Österreich bringen kann. Ich möchte mir auch nicht den Leidensweg eines verletzten Missionsteilnehmers vorstellen der sich anschließend mit dem österreichischen Sozialversicherungs- und Pensionskassensystem auseinandersetzen muss - das haben selbst Länder mit regelmäßigen Militäreinsätzen wie etwa Kanada, USA oder England noch nicht zufriedenstellend lösen können.
Es bleibt zu hoffen, dass Vernunft und Augenmaß die österreichische Sicherheitspolitik bestimmen wird und dass vielleicht auch irgendwann wieder ein Verteidigungsminister mit entsprechendem Potential diesen wichtigen Posten einnehmen wird.