Heute ist Montag, das Wetter hat sich auf Status Oktober/November festgelegt und dann habe ich auch noch den Live-Ticker aus der öffentlichen Verhandlung des VfGh zum Thema Wahlanfechtung verfolgt. Hätte ich nicht tun sollen - aber jetzt ist es zu spät.
Wer nach den ersten Zeugeneinvernahmen der Wahlbeisitzer und Wahlleiter aus Tirol, Kärnten und der Steiermark noch glaubt, dass diese Wurstigkeiten, Schlampereien und einfach Blödheiten ein singuläres Event der diesjährigen Bundespräsidenten-Stichwahlen sind, dem kann nicht mehr geholfen werden.
Das Bild das sich abzeichnet ist desaströs, so desaströs das man unabhängig vom Gerichtsentscheid schon heute die Frage nach der politischen Verantwortung und auch der Verantwortung der Leitung der Bundeswahlkommission stellen kann.
Es ist dem VfGh zu danken, dass er sich für das Instrument der öffentlichen Verhandlung entschieden hat - nur so kann sich jeder mündige Staatsbürger ein Bild davon machen, wie Seitens der Republik die Einhaltung von gesetzlichen Rahmenbedingungen in durchaus relevanten Dingen wie etwa einer nationalen Bundespräsidentenwahl kontrolliert, oder sagen wir besser am Gesetzt vorbei administriert wird.
Seitens der Wahlbeisitzer wurde ein massiver Grad an Nichtverständnis ihrer Aufgabe, aber auch einer gewissen Obrigkeitshörigkeit(für die waren wir schon immer sehr empfänglich) vermittelt. Man habe bei Protokollen halt nur die letzte Seite unterschrieben, nein lesen würde man Protokolle vor der Unterschrift nie und schliesslich sei ja ein "Jurist" verantwortlich gewesen - was soll da noch schiefgehen.
Man habe sich auch nicht gewundert, dass bei den für Montag anberaumten Sitzungen die Karten bereits ausgezählt gewesen seien, und dass diese nicht einmal bei der Sitzung vorgelegen haben hätte auch keinen gewundert. Das die Ergebnisse schon vor der eigentlichen Sitzung in das online-System eingegeben wurde(weil ja der ORF eine Wahlsendung gebracht hat), das scheint auch niemanden gewundert zu haben.
Über weite Strecken bekommt man als Beobachter Magenkrämpfe, und fühlt sich in Wahlabläufe von so exotischen Destinationen wie Burkina Faso, Usbekistan oder den Fidji Inseln versetzt. Aber nein, das ist ja in Österreich! Das betrifft uns, die wir doch immer so stolz auf unsere tollen administrativen Abläufe sind. Uns die wir so gerne mit dem Finger auf andere zeigen und auch sonst so gerne tolle Vorschläge unterbreiten.
Wenn das Verfahren so weiter geht(wovon man eigentlich ausgehen kann), dann sollte man sich schon auch überlegen, vielleicht auch einmal über die Abwicklung der letzten ein bis drei Nationalratswahlen nachzudenken. Denn eines ist klar: Dieser Schlendrian, diese Schlamperei und Rechtsbeugung ist sicher nicht erst 2016 entstanden.
Es bleibt zu hoffen, dass die Richter das Verfahren weiter so transparent und unabhängig führen, wie sie es auch angelegt haben. Und seit heute ist klar: Wir sind definitiv hart am Rande des Status "Bananenrepublik", und der Satz "in Wien beginnt der Balkan" kann mittlerweile als Beleidigung der Balkanstaaten gesehen werden.