Ich gebe zu, ich habe es nicht so mit Begräbnissen. Der Trubel, die immer gleichen Predigten vom Himmelreich und sehr oft sehr gleiche Ansprachen, welche den Verstorbenen in immer gleicher Überhöhung präsentieren, und in Wirklichkeit vor allem den Sprechenden zur Selbstdarstellung dienen.
Mit Rugby ist es genauso - für mich war das immer ein Spiel, welches ich nicht besonders attraktiv oder verfolgenswert fand. Jonah Lomu war mir kein Begriff, und trotzdem zog es mich magisch zu einem Artikel hin, der das Begräbnis des mit 40 Jahren an einem Nierenleiden Verstorbenen beschrieb.
Jonah Lomu war Maori und eine der Lichtgestalten des neuseeländischen Rugby-Nationalteams. Neben seinen sportlichen Erfolgen war er eines der großen Vorbilder der Maori-Jugend, die sehr oft mit sozialen Problemen zu kämpfen hat. So war es auch natürlich, dass sowohl seine Mitspieler des "All Black"-Teams, als auch Freunde und Fans ihm zu Ehren bei seinem Begräbnis drei traditionelle Hakas aufführten.
Hakas werden in der westlichen Welt sehr oft nur als Kriegstänze gesehen - in Wirklichkeit sind sie Teil der Kultur der Maori. Sie dienen im Wesentlichen als Mittel, um im Kollektiv unter Verwendung aller Körperteile zum Teil doch sehr komplexe Choreographien aufzuführen. Die Gelegenheiten bei denen Hakas ("Tänze") aufgeführt werden sind vielfältig: Ob vor dem Kampf zur Einschüchterung des Gegners, als Begrüßungstanz oder bei einem Begräbnis - immer werden kollektive Gefühle zum Ausdruck gebracht. Die neuseeländische Rugby-Mannschaft führt vor ihren Spielen immer den "Ka mate"-Haka auf
Und so war es auch bei Jonah Lomus letztem Weg - drei Gruppen, das Nationalteam, Freunde und Schüler eines Colleges begleiteten den Weg des Sarges von der Tribüne zum wartenden Auto mit ihren Hakas. Die Präsenz dieser Aufführungen, die kollektive Emotion und auch die Würde sind für mich als Europäer überwältigend - wer das Video sieht, der erkennt, dass hier ein Großer verabschiedet wird. Einer der nicht nur im Sport Höchstleistungen brachte, sondern auch im sozialen Bereich der Jugend seines Volkes ein leuchtendes Vorbild war. Das alles ohne viele große Worte, ohne der Selbstdarstellung der Würdigenden - hier wurde durch die Hakas die Trauer des Kollektivs über den Verlust einer wichtigen Persönlichkeit extrem intensiv zum Ausdruck gebracht.
Wer das Video sehen möchte: https://www.youtube.com/watch?v=ypff0vx2FZo - sehr emotional, sehr archaisch, aber auch sehr würdig. Es hat mich sehr berührt - und den Kommentaren zum Video nach nicht nur mich.
Jonah Lomu - ich habe ihn nicht gekannt, dieses Video hat mich aber wieder gelehrt, dass weniger oft mehr sein kann. Ka mate!, ka ora!