Da in der vergangenen Woche verstärkt über die Bareinzahlungs(un-)möglichkeit der deutschen GEZ[1] berichtet wurde und ich beruflich eine Anfrage zu dem Thema bearbeitet habe, möchte ich den Rechtsstand für Österreich skizzieren. Ausgangsfrage: mein Klient möchte von mir wissen, ob man die Wasserbereitstellungsgebühren in Höhe von € 16,50 pro Quartal bei der Energieversorgung Niederösterreich (EVN) in bar einzahlen darf bzw. kann – er wurde zuvor schlicht mit den Worten „Na, des müssen’S bei einer Bank einzahlen!“ abgewiesen. Darf eine staatliche Einrichtung die Bareinzahlung von Gebühren ablehnen?

Zunächst stellte sich die Frage, wem den eigentlich diese EVN gehört. Das Niederösterreichische Landesbeteiligungsgesetz[2] gibt hierzu Aufschluss: die Niederösterreichische Landesregierung ist alleiniger Gesellschafter der NÖ Holding GmbH. Die NÖ Holding GmbH ist Alleineigentümer der NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH. Die NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH besitzt 51 % der EVN AG (Energieversorgung Niederösterreich Aktiengesellschaft). Dieser Anteil darf nicht verringert bzw. aus dem Einflussbereich der NÖ Landesregierung entzogen werden. Somit ist klar: das Land NÖ (vertreten durch die NÖ Landesregierung bzw. deren Mitarbeiter) ist zu 51 % Eigentümer der EVN AG. Die restlichen Anteile gehören zu 32,5 % der EnBW Trust e.V., Karlsruhe, Deutschland Energie Baden-Württemberg AG, 1,1 % werden selbst gehalten, 15,4 % sind im Streubesitz (frei an Börsen handelbar).[3]

Die EVN AG ist ein mehrheitlich vom Land Niederösterreich kontrolliertes Unternehmen – es stellt sich daher berechtigter Weise die Frage, ob es sich um ein Unternehmen oder eine staatliche Einrichtung handelt. Eine staatliche Einrichtung darf insbesondere die Bareinzahlung nicht ausschließen (siehe § 61 NBG, unten mehr dazu). Eine staatliche Einrichtung ist durch ein Gesetz einzurichten, in welchem auch deren Zuständigkeiten festzuhalten sind (Beispiel: eine Gemeinde, Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973[4]). Eine Gemeinde darf in Form der Privatwirtschaftsverwaltung (im Gegensatz zur Hoheitsverwaltung, zB. Zustellen eines Baubewilligungsbescheides) selbständig Eigentum erwerben (zB. Druckerpapier), sich zu Verbänden zusammenschließen und diesem Verband die Besorgung spezifischer Aufgaben übertragen (zB. Abfallentsorgung, Kanal und Wasserversorgung, GUV Langenlois[5]). Eine Gemeinde darf Abgaben (zB. Seuchenvorsorgeabgabe) und Gebühren einheben (zB. Wasserbereitstellungsgebühr) und Beteiligungen an einer GmbH halten (zB. Mödlinger Saubermacher GmbH[6]). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Unternehmensbeteiligung vollständig oder bloß mehrheitlich gehalten wird.

Als nächstes stellte sich die Frage, wo man denn überhaupt einzahlen dürfe. § 907a des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches[7] gibt hierzu Auskunft: Prinzipiell ist am Wohnsitz oder an der Niederlassung des Gläubigers einzuzahlen – es sei denn, es wurden vertraglich (oder gesetzlich) anderslautende Regelungen getroffen (beispielsweise Zahlstelle, Bankkonto, Inkassomitarbeiter). Ein spezielles EVN-Gesetz existiert nicht.

Wie darf man einzahlen? § 61 des Nationalbankgesetzes[8] bestimmt: Barzahlung muss überall ermöglicht sein (zum vollen Nennwert), soweit die Verpflichtung nicht in bestimmten Zahlungsmitteln (zB. US-Dollar, Yen) zu erfüllen ist – dies betrifft meist unternehmerische Tätigkeiten, die auf spezifischen Verträgen beruhen, zB. Import von japanischen oder US-amerikanischen Kraftfahrzeugen nach Europa. Es ist auch möglich, die Zahlungsmittel auf bestimmte Zahlungsgattungen (zB. Zahlschein, Einzugsermächtigung) zu beschränken, wenn man mit Unternehmen einen Vertrag abschließt. Im betreffenden Fall liegt explizit kein Vertrag mit der EVN AG vor.

Wie sieht es denn mit den Erlagscheingebühren aus? Die Banken dürfen bei Verwendung eines Zahlscheines zur Einzahlung der Gebühren selbst wiederum Gebühren festlegen. Zahlscheinspesen werden für Erlagschein-Einzahlungen am Bankschalter auf ein institutsfremdes Konto verrechnet. Sie machen drei (Hypo NÖ Landesbank) bis sieben Euro (Volksbank Wien) aus (Median vier Euro).[9] Zahlscheinspesen werden aufgrund des zusätzlichen Bearbeitungsaufwandes (Personalschulung und –bereitstellung) verrechnet. Es ist durchaus üblich, im Dienstleistungssektor pro zusätzlichem Arbeitsschritt Entgelt zu verlangen – aber aus meiner Grundhaltung heraus ist es immer noch absurd, für die (frühere?) Kerndienstleistung (Bargeld auf ein Kundenkonto meines Vertragspartner einzahlen) der Bank Spesen zu verrechnen. In Deutschland können dafür bei manchen Banken Gebühren bis zu 15 Euro (beispielsweise Deutsche Postbank AG) anfallen. Das ist mit Sicherheit unverhältnismäßig, weil jemand damit gezwungen würde, ein Geschäft zu tätigen, das er unter normalen Umständen nicht tätigen würde (wenn mein Klient die € 16,50 Wasserbereitstellungsgebühr zuzüglich vier Euro [Medianwert für Österreich] Erlagscheinspesen einbezahlen müsste, so wäre dies ein Aufschlag von rund 25%!).[10] Die EVN kann ihre Kunden nicht zu vergleichsweise teuren Bankgeschäften zwingen, um die Wasserbereitstellungsgebühr zu begleichen – zumal es keine realen Alternativen gibt (jeder namhafte Wasserversorger in Österreich – also zB. Salzburg AG, KELAG, EVN AG – ist mehrheitlich in Landesbesitz).

Ergänzung: Zahlscheingebühren, also Spesen, die vom Unternehmen aufgrund der Wahl, dass ich mit Erlagschein einbezahlen möchte, verrechnet werden, sind seit 2009 gesetzlich verboten, dies wurde zuletzt auch vom OGH bestätigt.[11]

Fazit: die EVN AG wird durch das Land Niederösterreich kontrolliert, hebt Gebühren ein (Wasserbereitstellungsgebühr) und besorgt primär öffentliche Aufgaben (Strom-, Gas- und Wasserversorgung von über einer Million Menschen). Die EVN AG ist somit dem Wesen nach unmittelbaren Verwaltungsbehörden (zB. Ausstellen einer Meldebestätigung beim Meldeamt, Organstrafmandat der Bezirksverwaltungsbehörde) gleichzustellen. Eine Barzahlungsmöglichkeit ist in jedem Fall zu offerieren, eine angedrohte Pfändung untergräbt die Position der EVN: denn der Pfändende bevorzugt natürlich Bargeld. Wie es nun in der Praxis ausgeht, wenn man die EVN AG mit diesem Hintergrundwissen zur Bareinzahlungsmöglichkeit (bei sonstiger Nicht-Zahlung bis zur Bekanntgabe der Stelle, wo man in bar einbezahlen kann) konfrontiert, werde ich im Anschluss berichten.

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