Wie bereits im Manifest zur Wahrung der Privatsphäre[1] dargestellt, möchte ich erreichen, dass der Verbraucher/Konsument/Kunde selbst bestimmt, wer seine Daten verwenden darf, wer darauf Zugriff nehmen und auswerten kann. In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit einem weiteren Tool, das potenziell in unsere Privatsphäre eingreift: dem sogenannten smart meter.
Was ist das nun eigentlich? Dieser „smart meter“ (deutscher Begriff: intelligenter Zähler, intelligence wiederum ist bei mir stark mit CIA verknüpft – also einer Institution, die ungefragt im Leben aller Bürger herumstochern darf) ist erstmals vor rund zwei Jahren aufgetaucht, auch heute weiß man nicht so genau, was dieses Ding wirklich leisten kann/könnte. Diese intelligenten Zähler dienen „zur Erfassung des Energieverbrauchs in kurzen Zeitintervallen, wobei die Verbrauchswerte fern übertragen werden“[2]. Der Strom-, Gas- bzw. Fernwärmeanbieter überträgt jedenfalls einmal pro Tag den Energieverbrauch des Kunden, Erfassung und Abruf des individuellen Verbrauchs ist auch (mit Zustimmung des Kunden) in kürzeren Intervallen möglich (zB. alle 15 Minuten), die Daten werden 60 Tage lang gespeichert.
Abgeleitet aus diesen Informationen über den Kunden können unterschiedliche Tarife angeboten werden, sodass zu Hauptnutzungszeiten höhere Preise verrechnet werden. Das führt bei nicht allzu finanzstarken Schichten womöglich dazu, dass sie ihre Elektrogeräte nachts aufladen müssen, weil‘s dann günstiger ist – der bislang übliche Tagesablauf und die erholsame Nachtruhe werden dadurch erheblich eingeschränkt: probier‘ doch eine Nacht durchzuschlafen, während neben dir fünf Geräte gleichzeitig aufgeladen werden und dementsprechend vibrieren, leuchten, piepsen, blinken oder surren. Mal abgesehen davon, dass die mentale Einschränkung durch die vom Netzbetreiber empfohlenen günstigeren Nutzungszeiten sich spürbar auf den Gesundheitszustand auswirken wird – oder anders gesagt: ärmere Leute werden hierbei mit umfangreichen Strom- und Geldspartipps eingedeckt, die laut e-control ca. 3%[3] Stromersparnis bringen könnten. Zudem ist eine Fernein- und ausschaltung von der Zentrale aus möglich (jedenfalls für Strom, für Gas nicht vorgesehen) – so kann man Kunden mit einer geringen Zahlungsbereitschaft rasch und problemlos vom Netz nehmen.
Wie sieht es mit den Rechtsquellen aus, warum müssen wir auf diese intelligenten Messgeräte umsteigen? Im dritten europäischen Binnenmarktpaket ist festgelegt, dass bis 2020 zumindest 80 Prozent aller Kundenanlagen mit Smart Meter ausgestattet sein sollen. Österreich (Intelligente Messgeräte-Einführungsverordnung bzw. IME-VO) hat sich darüber hinaus verpflichtet, in der Sparte Strom mit einem Zwischenziel für 2017 70 Prozente der Haushalte abzudecken, bis Ende 2019 sollen 95% der Kundenanlagen ausgetauscht sein. Die Krux: die Novellen zum EIWOG und GWG enthalten eine Opt-Out-Regelung, die es jedem Kunden ermöglichen, diese intelligenten Zähler abzulehnen („Im Rahmen der durch die Verordnung bestimmten Vorgaben für die Installation intelligenter Messgeräte hat der Netzbetreiber den Wunsch eines Endverbrauchers, kein intelligentes Messgerät zu erhalten, zu berücksichtigen.“).[4] Wie das in der Praxis aussieht, hat kürzlich help.orf[5] berichtet: „Da uns in ihrem Gebiet bereits mehr als fünf Prozent unserer Netzkunden mitgeteilt haben, kein intelligentes Messgerät erhalten zu wollen, können wir ihrem Wunsch derzeit leider nicht mehr entsprechen“, so die Energie AG Oberösterreich. Bam, Wunsch kurzerhand abgelehnt.
Welche Daten werden für die Smart Meter-Anwendung übertragen? Eine vollständige Liste wird von Wien Energie leider nicht veröffentlicht, man führt als Beispiele an: „Zählerstände, Zählpunktnummer, Statusinformation über den Zähler, Wirkverbrauch sowie Leistung und Lastprofil sowohl für den Bezug als auch die Lieferung.“[6] Nicht nur der Energieanbieter und dessen Dienstleister, sondern auch der einzelne Haushalt wird Zugriff auf die Verbrauchsdaten bekommen: die Zugangsdaten zum Webportal werden per Brief übermittelt (weil ja noch nie wo ein Brief in falsche Hände geraten ist), als Verschlüsselungsstandard wurde „128 bit AES“ gewählt – dieser gilt jedoch seit 2008 als „längst nicht mehr sicher“[7]. Sogar Wien Energie gibt sich ungewohnt selbstkritisch: „Durch die bis zu viertelstündliche Aufzeichnung des Verbrauchs ergibt sich ja ein genaues Profil über jeden Kunden. So weiß man, wann jemand zu Hause ist und wann nicht.“ wird ergänzt durch „100 Prozent Sicherheit wird es niemals geben.“[8] Im gleichen Atemzug wird allerdings beruhigt: sollte es einem Hacker unerwartet dennoch gelingen, die Daten zu klauen, hat man schon Lösungsszenarien in der Schublade – und ohnehin ein 60tägiges Backup beim Kunden lagern. Puh, die Abrechnung ist also gesichert!
Mein Fazit schließt somit nahtlos an die Einleitung an: wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen, wofür wir ein schwach verschlüsseltes Überwachungtsool brauchen, das einem Hacker oder dem Energieanbieter jederzeit ermöglicht, die Energieversorgung zu kappen. Verlieren werden bei diesem System wieder einmal die weniger liquiden Bevölkerungsschichten, die entweder zu unsinnigen Zeiten ihre Geräte in Betrieb nehmen müssen, um ein paar Cent einzusparen, oder aber komplett aus dem Kreislauf ausgeschlossen werden, weil sie sich die Energieversorgung vorübergehend nicht leisten können (man stelle sich vor: im Advent wird der Preis verdoppelt, weil die Leute da so gerne kochen & backen). Andere Regionen der Welt kommen doch auch ohne einen „intelligenten“ Stromzähler aus?!