"Fließt in diesem Bach Trinkwasser?"

Heute, vor rund fünf Stunden, marschierte eine junge Frau an meinem Haus vorbei. Davor saß ich auf einer alten Holzbank.

Die junge Frau in zerrissener Hose trug einen schweren Rucksack am Rücken (trüge man diesen vorne an der Brust - hieße dieser dann "Brustsack"?). Jedenfalls. Ganz offensichtlich war sie eine der vielen Wallfahrer am Weg nach Mariazell.

Ihr Gesicht war freundlich. Trotz der unzähligen Kilometer,welche sie bereits per Fußerl hinter sich gebracht hatte. Diese Tatsache ist erwähnenswert! Befindet sie sich doch in magerer Gesellschaft - was die Freundlichkeit der Vorbeiwanderten betrifft.

Die hübsche freundliche junge Frau blieb stehen, lächelte mir zu und frug: "Fließt in diesem Bach Trinkwasser?" Immer wieder wird das gefragt. "Ja, natürlich. Sie können aus dem Bach trinken. Wir im Ort trinken dieses Wasser auch." "Wirklich? Das IST Trinkwasser?" Das Mädel konnte es offensichtlich nicht glauben.

Nächste Frage: "Darf ich denn in diesem Bach dann baden? Ist das erlaubt??"

Ich war überrascht. Ob dieser Frage. Seit ca. drei Jahren nehme ich "eigenartige Zugänge" der Menschen wahr. Was die Tier- & Pflanzenwelt "hier am Land" betrifft.

Wie geht das? Wo die Menschen doch quer über den Erdball fliegen? Mehrere Sprachen sprechen? Fast alle maturiert haben und der Großteil der Jugendlichen studiert? Was passiert da?

War es vor Jahren die berühmte Frage: "das ist eine Kuh??" Oder: "und wo kommt nun die Milch raus?" so sind es heute Bilder von Kindern, welche eine Mundmaske tragen. Oder "igitt" rufen, wenn sie mit mir in den Hühnerstall gehen um die Eier aus den Nestern zu holen.

Immer schon hatten die Kinder viel Freude, wenn sie mit in die Wohnstatt des Federviehs gehen durften. Das "Kacki" von Huhn & Co vertonten sie "damals" nicht mit spitzen Schreien.

Nein. Meine lieben Kinder. Meine Hendl und Enten und Gänse haben kein Sackerl für`s Gackerl!

"Früher" riefen sie auch nicht "iiiiiiii", wenn ein Hund aus dem Bach sprang und sich lustvoll das Nass aus dem Fell beutelte.

Und ja! "Früher" hatten die kleinen Menschen keine Angst vor Rindern, Schweinen, Hunden und anderen tierischen Mitbewohnern.

Angst war eher die Ausnahme. Vorsicht. Ja. Aber heute?

Es sind die "großen Menschen" - welche diese Angst, oftmals gar Hysterie in das kindlichen Emotionskleid einbügeln. Immer und immer wieder.....

Zurück zu der heutigen Begegnung.

Ich erklärte der jungen Frau, dass sie selbstverständlich in den Bach steigen könne (endlich mal wieder ein Mensch, der ob des kühlen klaren Wassers nicht laut aufschreit und sich nicht vor den Fischen fürchtet). Sie könne baden, schwimmen und Spaß haben.

"Und? Ist das nicht strafbar? Wenn das Wasser hier trinkbar ist? Verseuche ich das Wasser eh nicht?"

.........

"Sie verseuchen das Wasser gewiss nicht. Jeder Tropfen fließt über unzählige Steine, aus kleinen Bächen kommt neues Wasser dazu. Der Regen bringt Wasser und so fließt dieses viele, viele Kilometer entlang. Wenn es auch nichts vergisst, so reinigt es sich doch auf diese Weise. Anders wäre es wohl, wenn abertausend Menschen sich Tag für Tag hier waschen würden...." sagte ich.

"Vielen, vielen Dank! So kann ich also wirklich hier baden, ohne dass ich Angst haben muss, dass ich bei der Polizei angezeigt werde, weil ich das tue. Danke!"

Sprach`s hörbar erleichtert. Das Mädel. Und ging des Weges....

Was für eine Welt!!