Der alte Land Cruiser und das Funkgerät.

Südwestafrika. Namibia. Kaokoveld. Epupa. Und ein alter „Toyota Land Cruiser“.Und. Unser Funkgerät.

Ein wichtiges Utensil nebst Lenkrad, Schaltungshebel, Gaspedal und – naja, Bremspedal  - konnte man definitiv Funkgerät nennen.

Denn ein Funkgerät und die aufmontierte Antenne boten uns die Möglichkeit mit den Menschen in der „Zivilisation“ zu sprechen. Nun. Sofern man die  Farmen von meist mehr als 2000 Hektar Busch, Berge, Hügel, Savanne, als Zivilisation bezeichnen kann. Unsere Farm lag etwas mehr als 6 Stunden Fahrzeit von der Hauptstadt Windhoek entfernt.

Die Farm war Zivilisation. Trotz einfacher Lebensweise.

Zu erwähnen wäre wohl auch, dass unser Anruf mittels Funk via Zentrale in Walfischbay ein Telefon im Haus klingeln ließ, welches noch mit einer Kurbel zu betätigen war.

Aber, das ist eine andere Geschichte. Wie so vieles andere auch. Viel gäbe es zu erzählen.

Damals. Es begann 1994. Wir waren desöfteren „Campmanager“ in unserem Camp am Kunene. Direkt an den Epupa-Wasserfällen.

Campmanager bedeutete schlicht: Empfangspersonal, Gästebetreuer, Gästeunterhalter, Koch, Reiseführer, Chauffeur, Schlangenjäger, Kaufmann/Frau und ungeprüfter Notarzt(Ärztin) für alle Ovahimbas, die im Hintereingang des Camps saßen und auf unsere Hilfe hofften. Was meistens auch klappte. Letzteres war wohl der Zähigkeit dieser Menschen anzurechnen. Und, der Tatsache, dass die meisten Himbas nicht einmal Aspirin kannten. Geschweige denn einnahmen. So war das. Damals…

Zurück zu unserer eher wenig regen Telefontätigkeit.

Diese war zwingend erforderlich: wenn wir bestimmte Nahrungsmittel udgl für den Gästebetrieb benötigten und nach den Gästebuchungen fragten. Italiener? Uije – da passt das Essen eh nie. Amerikaner? Da gilt es viele Eiswürfel einzukühlen. Anreisemöglichkeiten gab es nur zwei. Jener Art: mit der Cessna oder eben einem anderen Kleinflugzeug. Welches auf der Landepiste ca. 1 Std. Fahrzeit vom Camp entfernt ankam. Jene wurde „damals“ anlässlich des Krieges   mit der Swapo von der südafrikanischen Armee errichtet (Namibischer Befreiungskampf. 1960 – 1989).

Die angeflogenen Gäste wurden mit dem Landcruiser abgeholt. Ausgeruht waren diese und ihre „luftige Energie“ welche sie anlässlich des Fluges über ein Stück wildes Afrika angereichert hatten, „erdeten“ wir alsgleich. Denn, Straße konnte man jenes Stück Weg zu den Wasserfällen nicht nennen. So durchlebten unsere internationalen Gäste  schon bei der Anreise ein kleines Abenteuer.

Zweite Variante: die Mutigen fuhren mit einem 4x4 Geländewagen zu uns „rauf“. Vorbei an durch Landminen zerstörten Autowracks. Viele Kilometer über Stock und (mehr) Stein (Fels) im Schritttempo. (Bürgerkrieg in Angola. 1975 – 2002 / ergo: an der anderen Seite des Kunene war es nicht immer friedlich). Diese  Abenteurer waren uns gleichsam willkommen.

Das galt es also zu wissen. Wann kommt wer? Und wie kommen die Gäste? Und, wie gesagt: was benötigen wir für die Gäste?

Die Antenne wurde also am Land Cruiser montiert, das Funkgerät eingeschaltet und los ging es – mit der Geduldprobe. Warum?

Sämtliche Zweibeiner, welche sich im „Busch“ befanden nützten damals die Funkverbindung via Walfischbay. Vorerst hieß es schnell sein. Kaum war ein Gespräch beendet, musste man Walfischbay anfunken.  – Wir alle im Busch hörten bei den Anderen zu, was so viel heißt, wie: es gab keine gesprochenen Geheimnisse. Jene Funker dort waren zackig. Von dem nahenden Einzug der Mobiltelefonmanie ahnte man damals nichts im „wilden Afrika“.

„Ja, hier Walfischbay. Bitte melden. Over.“ Schnell gab man seinen Code durch. Over and out. „Über und aus“.

Unterhaltungssprache: afrikaans. Das verstand jeder. Ha! Geschafft. Nun hieß es warten und stets „im Moment“ zu bleiben. Denn, kam man an die Reihe und hatte den schnellen Codeaufruf überhört (und man muss sagen, dass die Verbindung manchmal nicht die Beste war) – tja, dann konnte man sich in der Reihe wieder hinten anstellen. Imaginär gesehen…. Aber, doch sehr gedulderprobend real.

Endlich an der Reihe. Es war natürlich auch ein menschliches Highlight, die Stimmen der Familie, der Freunde zu hören. Klar, es ging nicht nur um Gästelisten und Bestellungen. Gab es Regen? Wieviel Millimeter? Wurden wieder Rinder von Löwen verspeist? Waren die Windräder bei den Bohrlöchern auf der Farm in Ordnung?

Das – also – waren unsere elementaren Unterhaltungsebenen. Kurz. Jedes Wort, die Stimme als solche, hallte noch lange nach. Man „funkte“ nur selten miteinander. In diesen Zeiten hoffte man immer auf einen Brief von der Farm oder mitgeschickte Briefe aus Österreich. Zwischen Tomaten, Gin-Flaschen, Kudufleisch und Tonic-Dosen gepackt. Anmerkung: Jeder, der Gin und Tonic liest und dem Afrika-Virus verfallen ist, weiß wie man Malaria vorbeugt: mittels Sundowner in geselliger Runde und einer ordentlichen Menge Gin-Tonic. Man erinnere sich an die alte Queen-Mum – Gott hab` sie selig. Queen-Mum trank angeblich täglich ihre Glaserl Gin-Tonic und erfreute sich fast 102 Jahre am Leben. Als: Queen-Mum.

Warum ich mich an Epupa und das Leben dort jetzt erinnere? Weil ich „mein geliebtes Südwest“ niemals vergessen kann. Ich „trage“ es in mir.

Und, weil ich gestern einen Beitrag über die „Liebe“ einer Dame zu ihrem „besonderen Mobiltelefon“ las. Und vor allem, dass sie ihrer „großen Liebe“ ade sagte.

Das hat mich animiert. Wir haben unser Funkgerät nicht geliebt – wenngleich es auch Leben rettete und wir nur so, das Krankenflugzeug für „unsere Himbafreunde“ rufen konnten. Das Funkgerät war die Ader zur Aussenwelt und dennoch galt unsere „wahre Liebe“ all dem um uns….. Den Menschen, die manchmal kamen. Den Ovahimbas, die ab und zu vorbeizogen und die uns gestatteten auf ihrem Land zu leben, zu arbeiten und Geld zu verdienen. Den Tieren, den wenigen Pflanzen und dem Kunene. Selbst die Luft, die ich dort atmete – „liebte“ ich. Den Himmel bei Tag und den Himmel nachts.

Jener Fluss, der Namibia von Angola trennt und neben unserem „Wohnzimmer“ unter Annabäumen und Palmen über die Epupa-Fälle seine Wasser gen Atlantik fließen läst, widme ich diese Erzählung. Und. Kapika – dem „Chief“ der Ovahimbas. Dem eine eigene Erzählung mehr als gebührt!

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