… ob er jemals Fußball spielen war? Dies war wohl eher nicht sein Ding. Aber „juchazen“ – vor allem wenn er „einen hinter der Binde“ hatte, das konnte er. Laut und kräftig.
Berufsbedingt war dies öfter der Fall. Als Jugendliche fand ich ihn nett. Vor allem die Geschichte meiner Tante, wo er als nächtlicher Besucher eine wahrlich tragende Rolle spielte, hatte es mir angetan.
Ihr wisst, wir denken in Bildern…. Mit dem Makel behaftet, ein phantasievolles Menschenkind zu sein, liebte ich es, wenn Geschichten erzählt wurden. Diese hatte wohl einen hohen Wahrheitsgehalt. Der „o-beinige Stürmer“ wurde zum nächtlichen Romeo. Gar so, wie es sich bei uns „am Land“ geziemt. Sein Herz schlug wohl schon geraume Zeit für das motorradfahrende, klavierspielende Annerl. Ob es aber die mögliche Fusion war, die ihn auch ein wenig trieb, das möge dahingestellt sein.
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Es hätte sich gewiss gut angeschickt. Aus „ein Gasthaus mach zwei Gasthaus“, dachte eventuell der altersmäßig bereits leicht überwutzelte Romeo, als er sich aufmachte, um eine Leiter einige Kilometer zu der Wohnstatt meiner Tante zu transportieren.
In nächtlicher Stund` dort angekommen, ging er sein verwegenes Liebeswerben an. Die Hoffnung, er könne alsgleich die schnittige Tant` (meinerseits) stürmen, erobern sozusagen, trieb ihn die hölzernen „Sprießeln“ der Leiter hoch. An der Außenseiter der Mauer erklomm er das oberste Stockwerk, wo das Fenster seiner Angebeteten lag.
Offen war es. Das Fenster.
Romeo schlich langsam in das dunkle Schlafgemach und flüsterte honigsüß: „Annerl….. Annerl…. I bin`s….“ Für wahr, es war ihm ernst. Ein im Grunde rauer Geselle, der es vermag so zu säuseln.
Die angebetete Annerl sprang aus dem Bett. Ob der o-beinige Romeo seinen berühmten „Juchaza“ schon da machte, dies entzieht sich meiner Kenntnis. Die Annerl war nämlich der Heinrich – mein Großvater und sohin Vater der Annerl, welcher im Bett auf den Sturmangriff lauerte.
„ Und i bin`s – da Heinrich!“ entgegnete Annerls Vater.
Der Schock des Werbers war groß und es wurde sich erzählt, dass man ihn selten so in rasender Bewegung „von hinnen nach dannen“ flüchten sah. Raus aus dem Fenster, runter über die Leiter.. So entschwand der liebestolle Stürmer. Er stürmte sozusagen in Richtung Heimattor.
Der Vater der Annerl hatte „den Braten gerochen“ und rasch, wie auch bestimmt meine im Nachthemd bekleidete jugendliche Tant` aus dem Zimmer verbannt. Das Liebeswerben und was Heinrich davon hielt, war hiermit in wenigen Worten besprochen.
Es kam nie zu einer Hochzeit der Beiden. „Aus ein Gasthaus mach zwei Gasthaus“ fand allerdings dennoch statt. Was meine Tant` betrifft. Auf eine doch eher bewegte Art – im Sinne von schnell laufen müssen – hat der zukünftige Gemahl der Annerl den liebestollen o-beinigen Stürmer auch mal in die Prärie geschickt. So wurde die Sache wohl ein für allemal geklärt. Zu wem das Annerl gehört.
Ich hatte somit immer ein wenig Mitleid mit dem gescheiterten Romeo.
Bis zu jenem Tag, als wir eine Baustelle beginnen sollten. Der Bauwerber war der zwischenzeitlich gealterte Titelheld meiner Geschichte. Das Angebot erstellte damals mein bereits verstorbener Bruder . Den „Baustellen-Zuschlag“ hatte somit mein Bruder als Nachlass hinterlassen. Dies bedeutete, einige Wochen Beschäftigung nahe des Firmensitzes.
Nach dem Tod meines Bruders wehten raue Winde aus den Reihen der Mitbewerberschaft. Das Zentrum, aus welchem sich diese Winde zusammenbrauten, war erneut die Hab- & Machtgier selbiger. Unser „Firmenschiff“ war angeschlagen. Der Kapitän fehlte. Mit 32 Jahren war er über Bord gegangen. In eine andere Welt. Nichts war mehr so, wie vorher…
An diesem Tag also, wo wir die Baustelle beginnen wollten und die Baumaschine bereits auf dem Tieflader verladen war, stürmte der gealterte O-Beinige auf uns zu. Er schrie. Er hüpfte herum. Wirklich…. „Abladen, abladen….“ Rief er aufgeregt. Es war ihm ernst, mit seinem Versuch, den Vertrag zu brechen, damit wir ein Stückchen weniger Zukunft haben.
„Ihr macht die Arbeit bei mir nicht…. Niemals!“ Rief er. Ich war erstarrt vor Schock und wohl auch vor menschlicher Enttäuschung. Eine von vielen Enttäuschungen, welche ich in den ersten Monaten nach dem Tod des Bruders durchleben „durfte“.
Ent-täuschung nimmt Vor-stellung und bietet die Möglichkeit die gegenwärtige Wahrheit zu erkennen.
Das erlebte ich damals. Wir luden übrigens die Maschine ab. Ich hatte mich allerdings für den Kampf entschlossen. Jenen Kampf, den Betrieb, wo ich nun die vierte Generation geworden war, erfolgreich fortzuführen. Damit wir alle unsere Aufgaben, Freude an der Durchführung dieser und unseren Lebensunterhalt verdienen konnten.
So verdonnerte ich den mittlerweile meiner Vor-Stellungen enthobenen O-beinigen mit einer Pönale. So ist das Leben…. Selbige war er nicht bereit zu bezahlen. Und, als er erkannte, dass sein Sturmangriff eher zu seinen wirtschaftlichen Lasten gehe, gestattete er uns die Durchführung der Arbeiten. Seine dunkle Seite musste noch geraume Zeit der Maschinist auf sich nehmen. Es war alles andere als angenehm. Für uns alle. Die wir nur eines im Sinne hatten: „lasst uns bitte die Arbeit machen. Wir bemühen uns, diese bestmöglich zu Eurer Zufriedenheit zu tun.“
Es passierten damals, wie erwähnt, etliche Grauslichkeiten. Immer darauf ausgerichtet, dass wir betrieblich untergehen. Es gab übrigens einen Initiator im Hintergrund, welcher aus engen eigenen Reihen stammte. So begann ein 16 jähriger Widerstandskampf. Ein Kampf, welchen wir nicht wollten. Und, was mich persönlich betrifft, ich auch niemals verstand. Immer schon war ich für ein Miteinander, Nebeneinander und keinesfalls gegeneinander. Was leider nur selten funktionierte….
…. Der breitbeinige Stürmer „juchazte“ dann noch einige Jahre, ehe er verstarb. Ich glaube, er und seine Familienmitglieder sind selten glücklich. Menschlich von Krankheiten körperlicher, wie auch seelischer Art geplagt und wirtschaftlich einen großen Aderlass hinter sich, bleibt es zu hoffen, dass wenigstens nur ein Nachkomme des o-beinigen Stürmers in eine andere Richtung losstürmt. Dorthin, wo das Ziel der Menschlichkeit wartet……
Ent-täuschung nimmt die Vor-stellung und bietet die Möglichkeit die gegenwärtige Wahrheit zu erkennen.