Erinnerungen einer 81 Jährigen

Heute hat mir eine Freundin von einer schwer verletzten Taube erzählt und ihrem Versuch das Tier zu retten.

Da habe ich über meine Tiererlebnisse nachgedacht, und da fiel mir eine Katzengeschichte aus meiner Jugend ein.

Ich war mit meinen Eltern und Geschwistern in Barwies, Tirol, einige Jahre auf einem Bauernhof auf Urlaub.

Eine Katzenfamilie, die Katzenmutter und die Jungen waren krank. Sie hatten Durchfall, das Fell ging ihnen aus, drei der Tiere starben in der ersten Nacht, die Katzenmutter am nächsten Vormittag.

Eine kleine Katze lebte noch und miaute kläglich, leckte ihren blutig, wunden Popo und sah fürchterlich aus, mit den kahlen Stellen im Fell.

Ich war das erste Jahr in der Krankenpflegeschule. Damals, es war 1954, gab es noch wenig Penizillin und Antibiotika in Österreich. Ein Allheilmittel war das Cibazol. Als Puder, Tabletten und in Salben kam es zur Anwendung und ich hatte eine Dose mit Puder bei mir.

Mein Pflegeinstinkt erwachte, ich musste einfach handeln. Also sammelte ich Kamillenblüten, brühte sie ab und setzte die Katze vorsichtig in den lauwarmen Tee. Mit einem Wattebausch brachte ich immer etwas auf den wunden Popo. Anfangs hat es sicher sehr gebrannt und sie wand sich in meinen Händen. Doch auf einmal setzte sie sich von selber ganz in die Schüssel und begann das Bad zu genießen.

Nach einiger Zeit holte ich sie heraus, tupfte sie vorsichtig trocken, hob ihren haarlosen Schwanz auf und staubte sie mit Cibazol ein.

Solange ich auf Urlaub war, und das waren drei Wochen, wiederholte ich meine Tätigkeit. Bald schon kam die Katze gelaufen, wenn ich die Kamillenschüssel brachte und in der zweiten Woche hob sie alleine den Schwanz, wenn sie die Puderdose sah.

Katzen müssen sich rein lecken und so leckte sie auch den Popo ab und schluckte das Pulver. Zu meiner Freude wirkte es auf die Erreger, die den Durchfall verursacht hatten und als ich heimfuhr, war die Katze gesund.

Das Jahr verging mit Lernen und Praktikum und 12 Monate später war er wieder da, der Urlaub.

Am ersten Morgen, nach herrlichem Schlaf, trat ich aus dem Haus und musste lachen. Da stand meine Katze mit glänzendem Fell, groß gewachsen und hob ihren Schwanz und sah mich erwartungsvoll an. Da überlegte ich, ob ich vielleicht Zucker unter den Schwanz streuen sollte?

Aber nein, Schwanzheben war nur während der Behandlung notwendig, ich wollte auch ein Tier nicht anlügen. So nahm ich ihr Verhalten als Erinnerung und ein Zeichen der Dankbarkeit, streichelte sie und spielte mit ihr und sie war zufrieden.

Wie wenig ist doch oft nur notwendig um Tier oder Mensch zu helfen. Hinschauen, handeln und lieben.

Um wie viel heller wäre die Welt.

M.R.

Anmerkung crinans: Maria ist 81 Jahre alt, lebt in Wien und „rückt“ immer noch täglich aus, um anderen Menschen helfend zur Seite zu stehen.

Ihre gute Rente verschenkt sie größtenteils an Menschen, welche oft den Strom oder die Nahrungsmittel nicht mehr bezahlen können.

Bei diesen Menschen handelt es sich zumeist um sehr alte Menschen oder Bettler.

Zu den Katzen in bäuerlicher Gegend: zumeist hat sich seit 1954 nichts geändert.

Die gesetzliche Sterilisationspflicht hatte lediglich zur Folge, dass der Großteil der Hofkatzen auf einfache Art (erschlagen, ertränken usw.) getötet wurden. Bei einer Minderzahl der Katzen erfolgten Sterilisationen. Die meisten aber fristen ihr Dasein noch wie ihre Vorgänger.

Privatfoto

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