Mariazell - zelluläres Spiegelbild Österreichs

Mariazell - zellurläres Spiegelbild. Mit einer "Zelle" hat MariaZELL geschichtlich betrachtet auch zu tun. Laut Erzählung.

Es war Magnuns der Mönch, welcher 1157 ins Zellertal wanderte. Dabei hatte er seine Marienstatue aus Lindenholz. Mit jener hölzernen Gottes-Mutter-Figur kam er bei einem Felsen an. Da stand er nun. So erzählt man sich. Die Marien-Statue teilte jenen Fels und so konnte Magnus weiterwandern. Dankbar stellte Magnus die hölzerne Figur auf einen Baumstrunk und errichtete rund um diesen eine Kapelle. Um welche wiederum Häuser errichtet wurden. Aus "Maria in der Zelle" wuchs Mariazell.....

Was wurde nun aus Mariazell? Maria ist noch da. Aus der Kapelle entstand eine ansehnliche prunkvolle weltbekannte Basilika. Die Felsen und Berge sind geblieben. Der Erlaufsee und auch der Hubertus-See sind noch da. Und, man könnte meinen, hier tummeln sich viele Menschen. Es lässt sich an jenem Ort gut leben und der Touristenstrom mag nicht versiegen. Dank der erwähnten Gegebenheiten.

Es krankt allerdings. "Zellurlär". Mariazell, ein Spiegelbild Österreichs. Was den ländlichen Raum betrifft. Urbar wurde jener Landstrich gemacht. Es handelt sich hier sogar um eine Stadt. Aus der die Menschen "flüchten". Jene, die hier lebten. Trist sieht es heute aus - wenn nicht das Gewurrl der Pilger im Frühling einsetzen würde und die Priester die alljährliche Hochsaison einläuten.

Bis es im Herbst kalt wird - was rasch geschieht, bei einer jährlichen Durschschnittstemperatur von 11,7 Grad - gibt es ein wenig Ablenkung von der eigentlichen "zellulären Erkrankung" - dank Magnus dem Mönch und der Basilika, die im eher unbescheidenem Stil die Kapelle des gottesfürchtigen Mönches ablöste. Wenn die letzten Blätter fallen und der Winter Einzug hält, fällt die gesellschaftliche Fasade. Was bleibt? Die Realität.

"Landflucht". Auch in Mariazell längst ein Thema. Die Ursachen? Wie immer heißt es: keine Arbeitsplätze. Wie das? Versagt hier der Motor Tourismus? Als Triebfeder für diverse Gewerke? Vielerorts funktioniert es mit jener Ressource. Ein Grundkapital also, aus welchem Arbeitsplätze und somit eine gewisse Infrastruktur hervorgehen sollte.

Ist-Stand: ohne sich in Details zu verlieren. Unzählige Häuser stehen zum Verkauf. Geschäftslokale werden angeboten. Zur Vergangenheit gehört der Drogeriemarkt, die Fleischhauerei, einige Bekleidungsgeschäfte, die Discothek, das Hallenbad und letztlich wohl auch - derzeit noch tagsüber "besuchbar" hat man sich auf der Bürgeralm einen Knochen beim Schifahren gebrochen - das Krankenhaus.

Der Staat - in "Zellenform" betrachtet, also wir alle - investierte bereits einen erheblichen Geldbetrag (Stadt Mariazell, Land, Bund, EU) in den Ausbau der Bürgeralpe als touristisches Highlight. In die alterwürdige Seilbahn, welche direkt im Ort ihre Bergfahrt startet.

Was ist los? So fragte ich einige Menschen in diesem Ort. Oder was ist eben nicht los? Wegschauen. Resignation. Was wisse nicht, warum und wieso. Die Zeiten sind halt "so".... Ja, "früher".....

Was ich noch hörte. Als Quintessenz. Von einem, der es wissen muss. "Jeder tut nur sein eigenes Ding. Keiner ist bereit, mit dem anderen gemeinsam die Problematik anzugehen. Es ist nicht möglich, gemeinsame Projekte zu planen und umzusetzen." Sagte einer, der dies lange versuchte. Und, aufgab. Und. Nun auch nur noch "sein Ding" macht.

In einem Geschenkartikelgeschäft erstand ich ein paar Porzellan-Ostereier und fragte die Besitzerin, eine "alteingessesene Mariazellerin" nach den Öffnungszeiten des Postamtes (immerhin noch vorhanden - was wohl auch ein wenig dem regen "Schriftverkehr" der Padres und Nonnen zu verdanken sein möge). Man wisse die Öffnungszeiten nicht. Wirklich nicht... Das Spiegelbild der Erzählungen... klar und deutlich----

Jeder tut eben "sein Ding".

So stand ich bald im Raum jener Örtlichkeit. Lange stand ich da. Für die laut keuchende Beamtin war es wohl eine ausgesprochen seltene, wie auch große Herausforderung den Geldbetrag einer slowakischen Frau anzunehmen, um diesen nach (man stelle sich vor!) Indien weiter zu transferieren. Am Ende des Raumes konnte man den langen und lauten, sich stetig wiederholenden Dialog mitanhören. "Wir", die sohin lange warteten, wurden mehr. Es gibt sie also noch, die Mariazeller. Treffen im Postamt. So begannen eigene Dialoge. Wie "gut" es "früher" war und wie wohl "all das" weitergehen wird. Resignation. Hier braucht es wieder einen Magnus, dachte ich. Der jenen Fels der Resignation mit seiner lindenhölzernen Marienstatue entzwei bricht. Damit ein neuer Weg gefunden wird.... aus jener Tristesse, welche wie ein schwerer unsichtbarer Schleier jenen Ort umhüllt.

Letztlich und trefflich. Vor mir stand eine Nonne mit schwarzem "Schleier". Alles war schwarz,in Anbetracht ihrer Gestalt. Bis auf die vielen Kuverts, welche sie nach langer Wartezeit auf das Pult der Postbeamtin legte. Still. Fast tot wirkte sie. Klein und auch schon alt. Nur ihre blassen Hände und ihr zerfurchtes blasses Gesicht sah ich. Kein Lächeln, keinen christlich liebender  Blick konnte ich erhaschen. Was ich mir dachte: "schade, so kann man weder Kinder noch Erwachsene für sich und jene Glaubensrichtung gewinnen. Was man empfindet, ist Angst, Kälte, Befremdung." Und so fragte ich mich, warum Nonnen und Priester sich nicht entschließen können, ihre meist dunkle oder in tristen Farben gehaltene Tracht gegen hellere, hoffnungsvollere Farben auszutauschen. Es wäre ein Anfang.

Es genügt wohl nicht, wenn in Mariazell die Basilika hell, prunkvoll mit Gold und Marmor versehen, erstrahlt. So mancher Mensch kann seine Hoffnung, neue Perspektiven für ein Leben in jenem Ort damit offensichtlich nicht mehr finden.

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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