Er ist der bekannteste Hundetrainer der Welt und ein TV-Star, in Deutschland beim Sender Sixx. Trotzdem ist er sehr umstritten und spaltet er seine Zuschauer in Fans und Kritiker. Der selbst ernannte Hundeflüsterer Cesar Millan war wieder, wie in den fünf Jahren zuvor, im Oktober und November in Shows in verschiedenen deutschen Städten zu sehen.
Millan ist gebürtiger Mexikaner und kam illegal als junger Mann in die USA. Bei ihm zeigte sich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, dass er seine Chance „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ nutzte. Als Tellerwäscher arbeitete er allerdings nicht, sondern als Gassigeher für Hunde und als Hundefrisör. Dann kam seine große Chance. Weil er die Hunde der Schauspielerinn Jada Pinkett-Smith und anderer prominenter Amerikaner trainierte, wurde er als Hundetrainer bekannt, berühmt und zum Quotenmillionär. Immer mehr Amerikaner brachten ihre Hunde, mit denen sie überfordert waren, zu ihm. Und siehe da – binnen kürzester Zeit gehorchten die Tiere perfekt. Die Menschen waren überzeugt von Millans Fähigkeiten als Trainer und von seiner Energie, mit denen er die Tiere in die richtigen Bahnen lenkte, wie er immer wieder betonte.
Doch wie kommt es zu diesem schnellen Erfolg? Millan erklärt in einem seiner Bücher, „Tipps vom Hundeflüsterer“, dass er den Umgang mit Hunden von seinem Großvater abgeschaut habe. Dieser habe seine Hunde gut im Griff gehabt und sie nicht mit Leinen, sondern einfach mit Stricken geführt. Nun einen Strick verwendet er auch. Es handelt sich um eine stabile, sehr dünne Kordel-Leine mit einer Würgeschlinge, die er jedem Hund, den er ausbilden soll, überstreift. Wie er selbst mehrfach in Videos zeigt und erklärt, soll diese Schlinge hoch oben am Hals, direkt unter den Ohren, anliegen. Was er nicht sagt, ist, so Tierarzt und Autor Dr. Bela F. Wolf aus Wien, „dass diese Schlinge zugezogen die Halsschlagadern zudrückt, so dass zu wenig oder gar kein Sauerstoff enthaltenes Blut mehr ins Gehirn gelangt. Der Hund kann dadurch bewusstlos werden oder sogar sterben, falls die Strangulation länger dauert. Auch der Trigenimus-Nerv wird schmerzhaft beeinträchtigt. Außerdem werden noch Kehlkopf, Speise- und Luftröhre gedrückt. Die Folge: Der Hund bekommt Todesangst und gehorcht sofort, zieht nicht mehr an der Leine, sondern läuft ergeben an durchhängender Leine“, so Wolf. Tierärztin Dr. Jennifer Nehls, die bei Hamburg eine mobile Tierartpraxis mit Schwerpunkt Physiotherapie für Kleintiere hat und als Medizinjournalistin ein Pressebüro betreibt, spricht sich ebenfalls entschieden gegen das Verwenden von Würgehalsbändern oder Schlingen aus. „Würgehalsbändern liegt die Idee zugrunde, dem Hund beim Zug an der Leine Schmerzen zuzufügen und ihn so für sein Verhalten zu bestrafen. Im Gegenzug soll er durch das Nachlassen des Schmerzes belohnt werden, wenn die Leine locker bleibt, so Nels. Durch die Anwendung des Würgehalsbands entsteht ein Druckschmerz im Halsbereich, der schlimmstenfalls zu Verletzungen von Kehlkopf, Luft- und Speiseröhre und zu Folgeschäden, wie zu Verletzungen der Halswirbelsäule führen kann“, so Nehls. Dies ist allen Tierärzten bekannt, die dies während ihrer Ausbildung lernen. Nach dem deutschen Tierschutzgesetz sind Würgeschlingen und – halsbänder verboten. Paragraf eins des Tierschutzgesetzes besagt, dass einem Tier ohne vernünftigen Grund keine Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden dürfen. In Paragraf drei ist geregelt, dass Würgeschlingen bei der Ausbildung von Hunden nicht verwendet werden dürfen. Sie gelten als tierschutzwidriges Zubehör, ebenso wie Elektroschock-Halsbänder und Stachelhalsbänder. Millan verwendet letztere ebenso wie er in die Weichteile der Tiere tritt, was er als Berührung bezeichnet. Dies ist deutlich auf mehreren Videos auf you tube im Internet und beim Sender Sixx zu sehen. Kein Hund würde bei einer Berührung sofort rückwärts hüpfen, sondern eher stehen bleiben. Doch seine Fans sehen es nicht, oder wollen es nicht sehen. Vielleicht finden sie es auch normal, dass Hunde so behandelt werden, denn vor Jahrzehnten war es auch auf den deutschen Hundeplätzen noch so üblich. Einige Hundetrainer wenden diese Methoden fatalerweise trotz des Verbots im Tierschutzgesetz auch heute noch an.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat am 17.09.2014 entschieden, dass Millan keine tierschutzrechtliche Erlaubnis erhält, Hunde bei einer Show zu trainieren. Der Grund ist, dass er die geforderte Sachkundeprüfung für Hundetrainer nach Paragraf 11 Absatz 1 Nummer 8 des Tierschutzgesetzes nicht bestanden hat. Daher muss er einen geprüften Trainer für seine Shows engagieren. "Auch das gewerbsmäßige einmalige Ausbilden von Hunden oder Anleiten von Hundehaltern zur Ausbildung ihrer Hunde kann zu negativen Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere führen", stellten die Richter fest. Der Beschluss sei unanfechtbar. Zuvor hatte schon das Verwaltungsgericht Hannover am 15.09.2014 Millans Eilantrag abgewiesen, dass er einer Erlaubnis nach Paragraf 11 Tierschutzgesetz nicht bedürfe.
Seine Show in Hamburg fand daher unter strengen Auflagen und Überwachung der Veterinärbehörde statt. Die Sachkundeprüfung nach Paragraf 11 des Tierschutzgesetzes hat Millan bis heute nicht erbracht. Er braucht daher auch noch weiter einen geprüften Trainer bei seinen Shows.
"Die Methoden Millans entsprechen in keiner Weise unseren heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen", kritisierte der Verband für das Deutsche Hundewesen und warf Millan "gewaltbetonte Techniken wie zum Beispiel Schläge, Tritte, Würgehalsband, Elektroreize" vor. Auch Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund sieht die Methoden Millans sehr kritisch. „Sie werden hierzulande in Fachkreisen als nicht tierschutzkonform angesehen. Zudem sind einige seiner Trainingsmethoden mit dem deutschen Recht nicht vereinbar und sind nach dem Deutschen Tierschutzgesetz schlichtweg verboten. Auch wenn bei jeder seiner Sendungen bei Sixx darauf hingewiesen wird, dass seine Methoden nur unter Anleitung eines Fachmannes durchgeführt werden sollten, werden sich viele Halter erfahrungsgemäß nicht an diesen Ratschlag halten. Zudem führen diese Erziehungsmethoden, die zum Teil mit tierschutzwidrigen Hilfsmitteln durchgeführt werden und meist auf Angst und Einschüchterung des Hundes beruhen, nicht nur beim Hund zu gravierenden physischen und psychischen Schäden, sie bergen auch die Gefahr, dass der Halter gebissen wird. Aus verhaltensbiologischer Sicht ist zu befürchten, dass die Mensch-Hund-Beziehung, die auf Vertrauen basieren sollte, nachhaltig zerstört wird“, erklärte Schmitz. Die Veterinärämter seien wegen seiner Shows informiert worden und hätten Auflagen erteilt, da er keinen Sachkundenachweis nach Paragraf 11 des Tierschutzgesetzes für sein Live-Training erbringen konnte. „Die Shows werden von den zuständigen Behörden kontrolliert und etwaige Verstöße gegen das Tierschutzgesetz geahndet“, informierte Schmitz.
Seine Fans betonen immer wieder, dass Millan aggressive Hunde resozialisiere, die sonst eingeschläfert werden müssten. Doch für eine dauerhafte Resozialisierung gibt es keinen Beweis, sagen seine Kritiker. Im Gegenteil: Die mit Gewalt gebrochenen Hunde seien eher noch aggressiver, zu tickenden Zeitbomben geworden. Nach Millans Training mit der Würgeschlinge liegen die Hunde zwar erschöpft und keuchend am Boden, wie am Beispiel der Rüden Shadow https://youtu.be/Pw3glB4qQPY und Jonbee https://youtu.be/b7GrktO29E0 bei You Tube zu sehen ist, doch dass sie künftig friedlich und sozial geworden sind, ist zu bezweifeln.
Inzwischen geht man jedoch einen anderen Weg, und zwar den der positiven Verstärkung, den inzwischen viele Hundeschulen aufgegriffen haben. Der Hund wird nicht mehr bestraft, wenn er nicht das Erwünschte macht, sondern belohnt, wenn er das Richtige macht. Denn durch die Strafe weiß der Hund zwar, was er nicht machen soll, doch eben nicht, was richtig ist. Fehlverhalten wird ignoriert. In der Biologie setze sich nur das Verhalten durch, das Erfolg bringe, sagen die Experten.
Eine Würgeschlinge à la Millan wurde selbst bei einem erst drei Monate alten Welpen einer kleinen Rasse von zirka zwei Kilogramm Gewicht angewendet, weil er verspielt an der Leine herumhüpfte, sowie ein Kettenwürger einem etwa siebenjährigen Dackel-Mix angelegt, weil er aus dem Halsband geschlüpft war. An schmerzlose Alternativen wurde nicht gedacht. Es zählt nur der Erfolg, denn beide Hunde ziehen nicht mehr an der Leine, sondern laufen perfekt bei Fuß aus Angst vor Schmerzen. Diese beiden Fälle wurden von der Autorin beobachtet. Selbst Todesfälle von Hunden hat es schon gegeben, die nach Millans Methoden trainiert wurden. Ein Trainer in Fürstenfeldbruck, der nach diesen Methoden arbeitete, legte im April vergangenen Jahres laut Peta-Blog „Tierische Mitbewohner“ einem Hund Würgeschlingen um Hals und Schnauze. Der Hund wehrte sich gegen das Würgen, der Trainer riss ihn hoch und der Hund erstickte wegen zu hohem Druck auf Kehlkopf und Luftröhre.
Dass ein Mensch ein Rudelführer sein soll, wie Millan behauptet, trifft nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu, da ein Rudel, eine Herde oder ein Schwarm nur aus Tieren der gleichen Art bestehen kann. Ein Rind und ein Mensch sind keine Herde, eine Biene und ein Mensch kein Schwarm. Bei frei lebenden Wölfen gibt es entgegen häufiger Meinungen auch keinen Rudelführer, sondern einen männlichen Wolf (Rüde) und einen weiblichen Wolf (Fähe), Elterntiere, die ihre Nachkommen führen, die von ihnen lernen – und das ohne Gewalt.